Quelle für das Höhlenphoto: www.reisekonfigurator.de/details/1326/guilin-karstberge
14.
Tag, Die. 25.10.11:
Nach ungefähr 2
1/2 Stunden Flug landen wir in der 'Stadt des Duftblütenwaldes' oder
'Stadt der Zimtbäume', wie man 'Guilin' ins Deutsche zu übersetzten
pflegt. Vereinzelt leuchten noch jetzt, gegen Ende Oktober, die
gelben Blüten in den immergrünen Bäumen hervor. Berückend, ja
schon traumbildhaft, wie diese Großstadt von Dutzenden
tiefgestaffelter Karstkegel umringt wird. Eines
dieser Muschelkalk-Relikte, der von Pagoden und Tempeln gekrönte
Duxiu Feng ("Gipfel der Einmaligen Schönheit"), ragt
gar im Zentrum der Stadt empor, dort, wo einst die
mauerbewehrte Residenz der königlichen Statthalter der Ming-Dynastie
lag.
Den
ersten Eindrücken dieser wohl einzigartigen Stadt-Landschaft können
wir leider nicht weiter nachgehen, da unser Reiseleiter sogleich die
einige Kilometer außerhalb der Stadt gelegene
populäre Tropfsteinhöhle "Lydiyan"
("Schilfrohrflötenhöhle") ansteuern läßt. Aus dem beim
Höhleneingang wachsenden Schilf sollen früher Kinder ihre Flöten
geschnitzt haben. In der größten Kammer des
Höhlensystems konnten an die 1000 Menschen Platz finden, weshalb
diese Höhle - die einen nur mannsbreiten und durch das
Röhricht verdeckten Zugang hatte - in
Kriegswirren über ein Jahrtausend der Bevölkerung immer wieder
als Versteck diente. Dem heutigen Besucher wird sie in einer für
manchen pietätlos wirkenden unsäglich
bunten Beleuchtung präsentiert. Nicht nur
auffällige Stalaktiten oder Stalagmiten, sondern ganze Felspartien
erscheinen durch breitflächige Farbbeleuchtungen
wie angestrichen. Zusätzlich versuchte man
mit beleuchtungstechnischen Tricks, aus einzelnen
Tropfsteinformationen touristenaffine Gestalten wie
einen Schneemann oder Santa Claus herauszumodellieren.
Dergleichen
läßt sich nicht einfach als alberne Kaffeesatzleserei abtun. Eine
ähnlich gewagte Farbgebung findet sich, wie oben zu sehen, beim
Anstrich etlicher Häuser in Guilin wieder. Und die
anthropomorphe Freude am Herauslesen von Lebewesen aus Gestaltungen
der unbelebten Natur war uns schon in Nordchina einigemale
aufgefallen. Hier, in der autonomen Region der
Zhuang, der größten ethnischen Minderheit Chinas, sollen
animistische Vorstellungen noch besonders lebendig sein. Als einer
der touristischen Höhepunkte wird denn auch
der "Elefantenrüssel-Berg" und der einem Stapel
bunter Seide ähnelnde "Berg der bunten Schichten" (Diecai
Shan) empfohlen, ferner ein "Kamelberg" oder der
mit seinen sieben Hügeln dem Großen Bären
ähnelnde "Park der Sieben Sterne".
Auf dem Rückweg
ins Stadtzentrum photographiere ich den prächtigen wurzelreichen
Zimtbaum, der noch einige Blüten zeigt; der Cassia-Zimt wird hier
gern dem Tee und Wein beigegeben, was ich denn morgen
während der Flußfahrt auf dem Li probieren werde.
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