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Am
Nachmittag treffen wir in TURKU/ÅBO ein, der ältesten Stadt
Finnlands, die bis 1812 auch Landeshauptstadt
war. Das Auto stellen wir im Innenhof unseres Stadthotels
ab und erkunden die übersichtliche Altstadt. Die
griechisch-orthodoxe Kirche, ein erneut von Palladio
inspirierter Bau von C.-L. Engel, ist verschlossen.
Wir schlendern zur großen Markthalle hinüber, an deren
Ständen neben Bärenfleisch und heißer Rosinenwurst
auch die bei uns kaum bekannten Moltebeeren angeboten
werden. Sodann besuchen wir die vielempfohlene
Museumsapotheke. Die vorderen bürgerlichen Wohnzimmer dieses
Holzhauses sind unerwartet geräumig; der später
hinzugebaute Trakt mit dem jetzigen Museum dürfte für jeden
Apotheker eine Offenbarung sein und kann mit seinem
Laboratorium und Kräuterzimmer von uns beiden
nur bestaunt werden. Am Ufer des Aura-Flusses entlang gehen wir
auf den Dom zu, der sich jenseits des Flusses auf einem
Hügel erhebt. Der Backsteinbau birgt den Marmorsarkophag der Karin
(Catharina) Månsdotter, die aus
einfachsten Verhältnissen – Tochter eines
Gefängniswärters – als Kammerzofe
an den Hof kam und mit 15 die Geliebte des schwedischen Königs
wurde. Als dieser bald nach der offiziellen Vermählung
den Thron verlor, wurde sie mit ihren beiden Kindern in der
Burg von Turku unter Hausarrest gestellt und nach weiteren Irrwegen
zuletzt als einzige schwedische Königin
hier in Finnland beigesetzt. Der Heidelberger Astronom Max Wolf,
der auch in Schweden studiert hatte, benannte 1916 den von
ihm entdeckten Asteroiden nach ihr. – In dem kleinen
Park vor dem Dom lassen wir uns eine Zeitlang unweit des
Bronzestandbildes von Per Brahe nieder, dem nicht
nur hier in Ehren gehaltenen schwedischen Statthalter in
Finnland, der die Akademie (Universität) von Turku
gründete und ihr langjähriger Kanzler war.
Manche
Ausschilderungen in Turku sind außer in Finnisch und Schwedisch noch
im regionalen Dialekt „Turu murre” geschrieben, so
für die Fähre über den Aurajoki. Ansonsten werden in Finnland
die Orts- und Straßennamen auch in schwedischer Sprache
angegeben, was uns Deutschen und anderen
Indoeuropäern vieles erleichtert. In dieser schriftlichen Hinsicht
ist denn doch das Bonmot des Metallarbeiters Kalle Winter
im 12. Kapitel von Brechts ,Flüchtlingsgesprächen’
zur finnischen Schweigsamkeit gehörig zu relativieren:
„Da es eine gemischte Bevölkerung in zwei Sprachen ist,
könnte man also sagen: Das Volk schweigt in zwei Sprachen.” –
Das Fernsehen bringt Berichte und Spielfilme meist nur in
finnischer Sprache; mancher ausländische Film wie vorgestern
einer aus der Krimiserie ,Der Alte’ (mit Siegfried
Lowitz aus den 70er Jahren) läuft im Originalton mit
finnischer Untertitelung. In Turku bekommen wir
auch wieder einmal die ,Deutsche Welle’ zu sehen, die abwechselnd
in deutscher und englischer Sprache sendet.
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