Tröstlicher Horror?
Schon diese
ersten Filme waren über weite Strecken hin Exerzitien im
Ertragen von Schrecken, Tod und Trauer. Die beiden
folgenden Spielfilme gehören mit zu den
eindrücklichsten Erfahrungen meiner Kindheit überhaupt.
Was hier einigen von uns widerfährt, kam mir denn doch
weit schlimmer vor als das, was ich damals selber durchzumachen
hatte.
‚OLIVER
TWIST’
Den
Schwarz-Weiß-Film von David Lean <1948; dt. Erstauff. 1951>
sehe ich um 1953 als Acht- oder Neunjähriger in einer
Kindervorstellung, die in dem Kasino unserer
„Ruhrchemie” stattfindet:
Schier
unerträglich wird für mich die kurze Szene, als der Mörder mit
einer Art „Morgenstern” auf die Frau – und zugleich
auf die Kamera und auch mich – losgeht ... Auch ist da noch ein
entsetzlich heulender Hund ... Schließlich wird
Oliver von dem Mörder verfolgt, der ihm auf steilen Dächern
nachklettert ... Diese und andere Szenen tragen sich in der
Nacht zu oder in dem scheußlichen Halbdunkel dieser
Stadtteile Londons.
Beim
Wiederbetrachten Jahrzehnte später:
– Weit
vertrauter als Olivers feines Gesicht ist mir seine Stimme, so leise
und demütig, wie wohl bei keinem anderen Film-Kind.
– Dann meine
ich erneut die damalige Beklemmung zu empfinden, wenn die Bande
ihn als angeblichen „Bruder” Nancys wieder
einfängt.
– Bei jenem
Mord an Nancy ist grausiger als der dargestellte Tathergang das
berserkerhafte Wüten des heulenden Hundes vor der Tür; sodann
das so lange schweigende Verharren des Mörders Sikes bei der
Leiche.
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