Mein Lieblingskino
Als
Anbau einer Gastwirtschaft liegt dieses Kino mit dem halbrunden Dach
gleich bei der Hauptkreuzung am Markt. Über dem Eingang
an der schmalen Seite des Gebäudes befindet sich ein Fenster
mit einem davor wie angeklebten niedrigen Gitter. Von
drinnen her führt ein Treppchen zu dem Fenster oder Balkon hinauf;
doch steigt nur einer von uns Jungen manchmal hinauf.
In dem Schaukasten draußen links vom Eingang ist einmal
statt der üblichen Serie von Photos bloß ein Hinweis zu
finden, wonach dieser Film nur von Ehepaaren angesehen werden
dürfte <also ein sogenannter Aufklärungsfilm>.
Ein andermal betrachte ich dort die Ankündigung eines
3-D-Films, für den die Zuschauer rotgrüne
Brillen bekommen. Ich selbst bin wohl noch zu jung für den Film.
Rechts
neben dem Einlaß in den Saal liegt der verglaste Kassenraum und
noch weiter daneben hängen an der Längswand Filmbilder
und -plakate. In der Kassenkabine ist eine Schautafel mit
den Sitzplätzen angebracht. Fest assoziiert mit ihr
sind für mich die Bezeichnungen „Parterre” und
„Parkett”. Kreuzt nicht die Kassiererin auf einem kleinen
<hektographierten> Blatt den gewünschten
oder eben noch ergatterten Sitzplatz an?
Die
Leinwand liegt gleich rechts hinter dem Einlaß. Ich gehe meist noch
weiter in den Saal hinein, um mir ungefähr in den mittleren
Reihen einen Platz zu suchen. Die Sitzreihen scheinen hier
aus Sperrholz zu sein. Vor der Vorführung des Hauptfilms
gehen eines Tages plötzlich wieder die Lichter
an: Vor der Leinwand steht ein Polizeibeamter und erklärt, daß
dieser Film für Kinder unter 12(?) Jahren
verboten sei. Danach gehen mehrere Erwachsene durch die Reihen,
mustern unsere Gesichter und fordern
den einen oder anderen auf, mitzukommen. Ich selbst bin
offenbar nicht betroffen, jedenfalls
läuft dies alles in meiner Erinnerung als eine bloß
spektakuläre Szene ab, ohne begleitendes
mir peinliches Gefühl.
So
manches Mal allerdings bin ich beunruhigt, wenn ich mich wieder
einmal ein oder zwei Jahre vor dem erlaubten Alter in einen
Film hineingeschmuggelt habe. Schon der
Versuch fällt mir nicht leicht, ich weiß, daß meine körperliche
Entwicklung hier gegen mich spricht und ich jedesmal
abgewiesen werden könnte. Das wäre mir nun doch
sehr unangenehm.