Quellen: www.sevilla21.es/wp-content/uploads/2012/02/Las_cigarreras.jpg www.skyscrapercity.com/showthread.php?t=1439481&page=5
http://fototeca.us.es/imagen.jsp?id=5858&tipo=v&elto=30&buscando=true&repetir=true
Danach
fahren wir nochmals von Carmona nach Sevilla. Diese Stadt ist
Schauplatz so mancher Oper, darunter auch der sicherlich besten
ihrer Zeit, nämlich Bizets ‚Carmen'
(1875). Ihr 1. Akt spielt vor und in der Tabakfabrik
Sevillas, die Mitte
des 18. Jh. außerhalb der Stadtmauern errichtet wurde und seit Mitte
des 20. Jh. eine Hauptabteilung der Universität
beherbergt. Auch wenn wir beide keine erklärten Opernliebhaber sind,
möchten wir uns doch in dieser gewaltigen Anlage umsehen.
Der über 180 Meter lange „Industriepalast” besaß, wie oben
teilweise zu sehen, über 20 Innenhöfe. Schon im 18. Jh. wurden hier
für die 170 Tabaksmühlen über 200 Pferde und
Maulesel eingesetzt. Tabakblätter waren Kolumbus als eines der
Begrüßungsgeschenke auf Hispaniola überreicht
worden; nachdem die Pflanze sich in Sevilla zum erstenmal in
Europa akklimatisieren konnte, wurde sie aus dem spanischen
Kolonialreich und der britischen Kolonie Virginia hierher
verschifft. Bis 1812 arbeiteten nur Männer in dieser Fabrik und
produzierten vor allem Schnupftabak; zu Zeiten von Prosper Mérimée
und Georges Bizet sollen es zwischen 700 und 3000 Frauen gewesen, die
im Akkord die nun stärker begehrten Zigarren drehten. Die
von einem Wassergraben umgebene Fabrik war streng bewacht, hatte
Kinderkrippen, ein eigenes Hospital, eine
eigene Gerichtsbarkeit und ein eigenes Gefängnis. Männer
durften die Arbeitsräume nicht mehr betreten, sollen
doch die Cigarreras meist leicht bekleidet
gewesen sein (so jedenfalls laut der Novellenvorlage von
Mérimée) und die Zigarren durchweg auf ihren
Oberschenkeln zusammengerollt haben – was man
mittlerweile nur für das Sortieren der Blätter und
Entfernen ihrer Mittelrippe für glaubwürdig hält.
Gegenwärtig
sind in dem Gebäude das Rektorat und insbesondere die philologischen
Abteilungen der Universität untergebracht. Wir gehen bald wie durch
einen spielerisch angelegten
Irrgarten dahin und kommen immer wieder an inselgleich
entlegenen Arbeitsplätzen vorbei. In einem der kleineren
Departements mit sehr niedrigen Holztüren finde ich zu
meinem Entzücken eine hübsche Pallas-Athene-Statue
vor! Vermutlich wurde sie erst bei der Einrichtung der Universität
herbeigeholt, vielleicht gar als Apotropäum
gegen all die nichtgeistigen Versuchungen in der romanesken
Vorgeschichte dieses Gebäudes.
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