Für
den Nachmittag steht eine Bootstour durch Suzhous Kanäle auf dem
Programm. Beim Verlassen des Reisebusses treffen wir auf die
abgebildeten Rikschafahrer, die vermutlich einige
Hochzeitsgäste zu einer Bootsfahrt hergebracht haben. Sie tragen
leuchtende knallbunte Gewänder und Kopftücher
im Rot der Glücksfarbe - die auch die Farbe des
Brautpaares ist - und im Gelb der Macht-, Ruhmes- und
Weisheitsfarbe. Ihre Rikscharäder sind mit
Schmuckfelgen und die Fahrkabinen mit den goldfarbenen
göttlichen Schutztieren Drache und Löwe
verziert.
Wir
besteigen eines der Touristenboote und finden uns bald im Norden der
Altstadt in dem zum Kanal ausgebauten Shantang-Fluß wieder, den
vor 1200 Jahren der Dichter und Mandarin Bai Juyi anlegen ließ. Zur
Linken haben wir die schmale Shantang-Straße und zur
Rechten die Rückseiten der Nebenstraßenhäuser.
Die Terrassen und Türen der Häuser
und Häuschen liegen nur knapp zwei Fuß über dem Wasser.
Die
Anwohner gehen ihren samstäglichen
Tätigkeiten und Vergnügungen nach und werfen kaum
einmal einen Blick herüber zu uns Wassertouristen. An
den Rückseiten der
Häuser
hängen die Außeneinheiten der Klimaanlagen,
daneben Elektrokabel und Wäschestücke
zum Trocknen. Steintreppchen führen von den
Hinterausgängen zum Wasser hinunter,
wo man
sicherlich seit alters her Kleidung und Gemüse
wäscht.
An
einer der Haltestationen verlassen wir das Boot und durchlaufen ein
Stück weit die schmale Kanalstraße. Von einem steilen Brückchen
her schieße ich das Photo mit den Booten, auf dem sich weit im
Hintergrund schemenhaft die aus dem 10. Jh. stammende und jetzt
schrägstehende Huqiu-Pagode abzeichnet.
Seitlich unterhalb der Brücke hockt neben einem
Tragekäfig mit Hühnern eine ältere Frau und schlachtet eines
der Tiere; das noch zappelnde Huhn übergießt sie mit
kochendem Wasser und rupft ihm die Federn aus.
Gleich nebenan verkauft man Hühnerfleisch und in einem
kleinen Tiermarkt jenseits des Brückchens in
engen Käfigen gehaltene Wachteln.
Wir
kommen dann noch an einer schrillen Disney-Hüpfeburg für
Kleinkinder vorbei und auch an männlichen Kleiderpuppen mit den
Gesichtszügen und Frisuren von Barbies
Freund Ken. Zuletzt photographiere ich noch einen offenen
Friseursalon mit fröhlich lachenden jungen Chinesen -
offenbar über eine gewagte neue Frisur - und
einige Verkaufsstände mit den auf S.
56 abgebildeten
Delikatessen.
Am
Abend machen Ruth und ich noch einen Spaziergang abseits der
touristischen Trampelpfade. In einer Seitenstraße überrascht uns
eine in goldfarbenen Lettern gefaßte Inschrift:
"Suzhou Tong Yuan Art Kindergarten". Es ist eine große
dreistöckige Villa unter der Generalaufsicht der
Kommunistischen Jugendliga Chinas.
Nach den Prospektangaben scheint es ein sogenannter
Elite-Kindergarten zu sein, der unter anderem
bilingualen Unterricht mit "Singapore Style English
Teaching" anbietet, einen Montessori-Arbeitsraum mit
den entsprechenden Arbeitsmaterialien, Unterweisung in
Kalligraphie, Wushu und Computernutzung.
Außer Musikräumen insbesondere fürs
Klavierspiel werden noch Musik- und Tanzstudios, Tiergehege und eine
Indoor-Schwimmhalle aufgeführt.
Überraschend
auch das abgebildete Wandgemälde im Treppenaufgang eines
benachbarten Tanzpalastes, den wir mit seinen Anklängen an
den Art-déco- Stil eher in Shanghai erwartet hätten.
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