Quellen für die Photos links: www.mexpedia-china.de/images/wildganspagode2.jpg www.das-jadepferd.de/images/xuan_zang.jpg
9.
Tag, Do. 20.10.11:
Des
Morgens besuchen wir in der südlichen Vorstadt von Xian die Große
Wildganspagode.
Das siebenstöckige Bauwerk verdankt seine
Existenz der literarischen Großtat des
chinesischen Pilgermönchs Xuanzang (um 603-664).
Konfuzianisch erzogen, wandte er sich in seiner Jugend dem
Buddhismus zu und fand bei seinem Studium viele
Ungereimtheiten in den meist von indischen Mönchen
übersetzten Texten. So machte er sich entlang der
Seidenstraße auf den Weg zu den Quellen selber,
durchwanderte kreuz und quer Indien, unterrichtete
sich sowohl in Klöstern als auch an Fürstenhöfen
und kehrte nach 16 Jahren mit annähernd 700 Sutra-Bänden
nach Xian zurück. Der von diesem Unternehmen beeindruckte
Tang-Kaiser Taizong ließ ihm auf dem Gelände der
Cien-Tempelanlage eine Pagode erbauen, in
der Xuanzang die Texte feuersicher deponieren und sie
an der Seite von 50 Gelehrten aus dem Sanskrit ins
Chinesische übersetzen konnte.
Wie
oben auf der Graphitabreibung einer Grabstele zu sehen, die sich in
der Dharma-Halle des Tempels befindet, wird Xuanzang
ikonographisch gern als Wandermönch mit einem Fliegenwedel
in der Hand dargestellt, unterwegs mit seiner gewaltigen
rucksackähnlichen Büchertrage,
an der ein Weihrauchbrenner hängt.
Um den Namen
'Wildganspagode' ranken sich mehrere Legenden, historisch aber gilt
er als ungeklärt. Die Gebäude der Anlage wurden während der
Kulturrevolution weithin zerstört.
Noch jetzt sind an mehreren Stellen Wiederaufbauarbeiten im Gange,
bei denen neben zünftig gekleideten Bauarbeitern
auch einige Männer - Verwaltungsangestellte? - im weißen Hemd und
Anzughose Hand anlegen. Das Kloster mit seinen 50 Mönchen soll
weitgehend auf den Tourismus angewiesen sein; man
bemerkt dies auch an allerlei Devotionalienständen
und spendenheischenden Hinweisen wie bei der kleinen
Menagerie von prächtig gewandeten
Bronzetieren oder einer Sammelablage von
Wunschgebeten, die auf Sperrholztäfelchen geschrieben und dann
abgestempelt wurden.
Wir
beiden ersteigen die immer enger werdende hölzerne Wendeltreppe, vor
der die meisten Besucher auf der Hälfte der Strecke
kapitulieren. Auf jeder Etage sind
Reliquien und andere Kostbarkeiten wie Kalligraphien, Statuen und
Pagodenmodelle ausgestellt. Im 5. Stockwerk sehen wir
zu, wie man soeben eine graphische Reproduktion
von Fußabdrücken anfertigt, die symbolisch Buddhas Präsenz
darstellen. In der Mitte der Fußsohle ist das Dharma-Rad
eingraviert und unter jedem kleinen Zeh eine Swastika.
Die Decke des höchsten Stockwerks schmückt eine goldfarbenene, in
ihren Blütenblättern Gedichtzeilen
tragende Lotosblume, das Symbol buddhistischer Erhabenheit. Aus
den schmalen Bogenfenstern blicken wir über die wie gestern
teilweise im Dunst oder auch Smog liegende Stadt
Xian hin und durchlaufen zuletzt noch den anmutigen
kleinen Park, in dem einige Bittsteine die Schonung der
Pflanzen ans Herz legen.
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