erklären;
er geht zum Essen, kommt zurück; nach und nach versteht er; macht
mir Mut, z.B. wolle er <auch> meine künftigen Schriften
verstehen; ist bereit, Egon den Aufsatz zu erklären; sagt: Ich
wäre froh, diesen ‚ausreichenden’ Aufsatz anstelle meines
eigenen ‚guten’ geschrieben zu haben.”
3.10.64:
„Lese Ruth
meinen Deutschaufsatz vor; ist offensichtlich beeindruckt von meiner
Manier, ein solches Thema anzugehen und sagt: ‚An deiner Stelle
würde ich mir die Arbeit aufheben.’”
Gleichwohl
habe ich den Aufsatz, der vielleicht wieder zurückgefordert wurde,
nicht aufbewahrt und weiß so nicht einmal mehr das Thema.
Der
andere Deutschaufsatz befasste sich laut Tagebuch mit einem
„Textvergleich zwischen Hölderlin:
‚Der deutsche Nationalcharakter’ und
Kant: ‚Über die Deutschen’”:
24.11.:
Im Philosophieunterricht spreche ich mich gegen die unkritische
Übernahme von Begriffen aus. „Egon stimmt mir zu, weist aber auf
die Gefahr hin, zu kritisch zu sein. ‚Eine Gefahr, die Sie in Ihrem
letzten Aufsatz vermieden haben ... Das ist jetzt der richtige Weg.’
‚Das sehe ich aber etwas
anders, denn ich halte den vorletzten Aufsatz für weit besser.’
‚Ich nicht; übrigens müssen
Sie ein Lob nicht nur deshalb abweisen, weil es von anderen kommt.’
Ich kann nicht umhin, zu
lächeln.”
7.12.:
„Erhalten die Deutschaufsätze zurück: ‚ausreichend’.
‚Hätten Sie auch noch den Schlussteil anfangen können, wären Sie
mindestens auf ‚befriedigend’
gekommen’
usw. ... Kann mich darüber
nicht mehr aufregen, bin schon zu oft enttäuscht worden. ... Wim
liest den Aufsatz und
bemerkt: ‚Deiner hat einen eher wissenschaftlichen Charakter
als meiner.’ (Feiner Kerl, ein weiteres Mal habe ich ihm zu
danken!) An dem, was er sagt, ist etwas: Das ist nicht die normale
Art zu schreiben, ich muss erst alles begrifflich definieren und, ehe
ich Beispiele liefere, Unklarheiten und Vagheiten beseitigen; was in
der Tat „wissenschaftlich” ist, mir aber nicht
erlaubt, rechtzeitig fertigzuwerden. Egon weist auch darauf hin: ‚Was
Sie schreiben, ist völlig überzeugend, doch müssen Sie zu
einem Ende kommen.’”
*
An
dem schon zitierten SPIEGEL-Artikel vom Dezember 1964 erregte mich
laut Tagebuch mehr noch als die unglaubliche
Sitzenbleiber-Quote speziell
am Sterkrader Gymnasium die offenbar allgemein verbreitete
willkürliche Benotung von Deutschaufsätzen in der Oberstufe. Der
Tübinger Oberstudiendirektor Robert Ulshöfer ließ nämlich damals
„einen
‚leichter
zu beurteilenden’ Abituraufsatz
von 42 Oberstufen-Kollegen durchsehen. Ergebnis: einmal die 1,
sechsmal die 2, zwölfmal die 3, siebenmal die 4, 14mal die 5,
zweimal die 6” (vgl.
www.spiegel.de/spiegel/print/d-46176317.html).
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