Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI GERMANISTICA



Karikatur von Wim Wenders


Im Frühjahr 1962 erhalten wir die mit dem Abschluß der Untersekunda verbundene, keine spezielle Prüfung erfordernde Mittlere Reife”. Mit ihr verlässt uns ein Großteil der Mitschüler; einige wechseln auf ein anderes Gymnasium über, die meisten aber erlernen einen Beruf.

Zu den letzteren sollte auch ich gehören und machte auf Geheiß meiner Eltern bei Thyssen in Duisburg-Hamborn einen Eignungstest als „In­du­strie­kauf­mann” mit. Bei der Schlussbesprechung wurde ihnen jedoch geraten, mich besser bis zum Abitur weitermachen zu lassen, da ich eigentlich ein ganz passables Zeugnis hätte. Wer weiß, was man bei diesem Test glaubte herausgefunden zu haben, ich jedenfalls spielte dabei von einem be­stimm­ten Moment an nicht mehr recht mit.

 

Die Mittlere Reifewird von uns noch mit einem „Kommers” gefeiert, an dem auch diejenigen teilnehmen, die uns dann verlassen werden. Einige von uns haben die Sache in die Hand genommen und zu diesem Anlaß eine weithin versifizierte und von Wim mit Karikaturen versehene „Bierzeitung” zu­sam­men­ge­stellt. Außer unserem Mathematik- und „Vertrauenslehrer” „Charly” Meeßen – sowie unserem Deutschlehrer „Egon” Hebel? – scheint sich noch einer der Studienassessoren in der Gastwirtschaft eingefunden zu haben und sich still im Hintergrund zu halten.

   Die Verse der Bierzeitung, die uns im Laufe der Stunden von zwei oder drei Mitschülern vorgetragen werden, sind zumeist erheiternd und auch span­nend. Zum ersten Mal nämlich hat jemand zu uns und unseren Lehrern kleinere Charakteristiken erarbeitet, in denen wir gut wiederzuerkennen sind, auch wenn die anonym bleibenden Verfasser sich in Übertreibungen gefallen und sich so manches aus den Fingern gesaugt haben. Dies aber ist als mutwillig-spaßige Provokation immer noch kenntlich genug geblieben.

   Die Verse auf meine Person karikieren meine Kritiklust und die Art, Gratulationen und Komplimenten dadurch auszuweichen, dass ich den Anlass, in die­sem Fall meine Leistungen als Weitspringer, nach Kräften herunterspiele:

                                                                     „In der Zeitung las man neulich/ Von Hotti Fleig, der, höchst erfreulich,

                                                                     im Weitsprung einen Sieg errungen,/ 6,10m sei er gesprungen.

                                                                      Diese Leistung hat uns in Staunen versetzt,/ der Hotti aber sprach: Ich war doch verletzt.

                                                                     Außerdem ist meine Ferse kaputt,/ sonst wäre ich für 7,20m gut!


- 36 -

 

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/