Quelle:
http://bi.schraven-net.de/su/651101_fussb/651101_fussb1.htm
An
einige dieser Mittelstufenlehrer habe ich nur eine schwache
Erinnerung, die Studienassessoren nämlich, die uns besonders in
diesen Zwischenjahren zugewiesen werden und nicht
lange bei uns bleiben.
Englischunterricht
erteilt uns so ein langgliedriger
Assessor, der in seinem Erscheinungsbild, zu dem auch ein
wetterfester Ledermantel gehört, für mich eine seltsam
proletarisch-asketische Ausstrahlung hat. Von seinen
Unterrichtsthemen habe ich vielleicht nur deshalb noch behalten, wie
er uns eine amerikanische Kurzgeschichte mit dem Titel ‚Digging
is harder than Latin’ nahezubringen
sucht. Wir Schüler nämlich seien gegenüber denen, die ihren
Lebensunterhalt mit solch körperlichen Arbeiten wie dem Ausheben von
Gräben bestreiten müssten, privilegiert und schuldeten darum
anderen – auch den uns Unterrichtenden – so manches. Ich höre
seiner Erklärung mit gemischten Gefühlen zu.
Es
war dies eine autobiographische
Episode
von
John Adams, dem zweiten Präsidenten der Vereinigten Staaten
(1797-1801).
Nachträglich
stoße ich wieder auf eine humoristische Unterrichtsbroschüre von
George Mikes, die er in der Obertertia mit uns durchging und die ich
mit seinem ernsten Wesen gar nicht mehr in Verbindung gebracht hatte:
„Oh, these English!/ Extracts from ‚How to be an Alien’”.
Herr Wetzel klärte uns als Erstes über die korrekte Aussprache des
ungarischen Familiennamens dieses Autors auf.
Angesichts
dieses Lektürefundes will mir nun gar scheinen, als hätten wir bei
ihm auch eines der munteren Liedchen wie das von Dublins ‚Molly
Malone’ gesungen („
... Now her ghost wheels her barrow,/ Through streets broad and
narrow,/ Crying, ‚Cockles and mussels, alive, alive, oh!’”.).
Mein
Mitschüler Gerd Romahn erinnerte mich an den Spitznamen, den Herr
Wetzel seines breit schwankenden Ganges wegen von uns erhalten hatte:
‚Spreizbein’.
Dazu findet sich auch in der ,Mittelreife’ von 1961, der
Bierzeitung unserer Vorgängerklasse, noch die folgende Beobachtung
zu dem erstaunlichen Arbeitsschwung von Herrn
Wetzel:
„
... und sobald die Klingel
schellt,| kommt er in den Raum geschnellt.
Mit
langgezogenem Seemannsschritt| wankt er in der Klasse Mitt’,
Legt die Tasche auf das Pult,|
öffnet sie mit Ungeduld...”
P.S.
2018 zur Identität unseres Englischlehrers:
Dem Geburtsdatum
(1929) sowie der Fächerkombination (Englisch und Französisch)
zufolge scheint es der spätere Studiendirektor Eckart
Wetzel (1929-2015) zu sein; vgl. diese
<inzwischen verschollene> Mülheimer Traueranzeige.