Quelle: http://pioneermuseum.net/images/WhiteOakSchool325.jpg
Nach
einer weiteren Fahrtstunde durch die karstige Hügellandschaft des
„Texas Hill Country” erreichen wir Fredericksburg,
das mit gut 8000 Einwohnern größte Städtchen der
deutschstämmigen Texaner. Auf den ersten Blick kann man es für ein
Fake halten und traut diesen pittoresken Biergärten,
urdeutschen Gerichten auf den Speisekarten und einigen
wunderlichen Gebäuden wie der Replik einer
„Vereinskirche” nicht über den Weg. Der
Besuch dreier Museen belehrt uns aber eines Besseren.
Zunächst besichtigen wir das „Pioneer Museum”, einen
Komplex historischer Gebäude wie Wohnhaus,
Einraum-Schule, Scheune, öffentliches
Badehäuschen, Schmiede und Räucherhaus; hunderte,
nein tausende von dazugehörigen
Utensilien werden darin aufbewahrt. Auch ein schlichtes
„Sonntagshaus” hat man hierhin versetzt, das eine
zehn Kilometer entfernt wohnende
Siedlerfamilie zu Anlässen wie Kirchgang oder
Einkauf nutzte. Finanziert wird der Museumskomplex
vor allem durch Spenden und Folklorefeste.
Hinterher
unterhalten wir uns in deutscher Sprache mit den beiden
freundlichen Damen, die heute die Aufsicht über das Museum
führen. Die eine Dame erklärt bei unserer Verabschiedung,
während dieses halbstündigen Gesprächs im Sprechen merklich
sicherer geworden zu sein; in ihrem Wortschatz täten sich
allerdings immer größere Lücken hervor. Sie sprach
übrigens nicht das von uns erwartete kauzige
Deutsch, wie es noch in den Sprachinseln kleinerer Gemeinden
kursieren soll. Zu ihren Vorfahren gehört
der von den schwäbischen Fildern stammende
Flugpionier Jacob Brodbeck, der in Texas schon 1865 eine
Maschine mithilfe von Federspulen (nach dem
Prinzip von Uhrfedern) statt eines Motors in die Luft brachte
und sie für kurze Zeit fliegen und steuern konnte. Zu den
Vorfahren ihrer jüngeren Kollegin gehört Schubert, einer
der Gründungsväter von Fredericksburg
und Direktor des dortigen „Adelsvereins”. Beide Damen erklären
sich bei der anstehenden US-Präsidentenwahl
entschieden für den Texaner George W. Bush. Was insofern nicht
überraschen kann, als das hiesige von Deutschtexanern
dominierte Gillespie County seit eh und je als Hochburg der
Republikaner gilt.
Die
Damen gestatten mir das oben abgebildete Photo und mokieren sich noch
ein wenig über die „Freidenker” einer benachbarten
deutschen Gemeinde, deren Angehörige
seinerzeit nur schlecht von ihrer Hände Arbeit leben konnten,
mittlerweile aber „gute Leute” geworden
wären. Sie nennen keinen Namen, ich aber muß sogleich an BOERNE
denken. Manch andere Siedlung wie die nach Bettina
Brentano benannte Ortschaft BETTINA fiel übrigens wegen
mangelnder bäuerlicher und handwerklicher
Fähigkeiten schon Jahre nach ihrer Gründung wieder
auseinander. - Ein Zusatzmotiv für die
Auswanderung dürfte gelegentlich die
Verspottung des Familiennamens gewesen sein,
jedenfalls fielen uns in Texas öfter als üblich
absonderliche Nachnamen wie Fleischfresser,
Ungeheuer oder Kniepelmir auf.
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