Oben: PARIS, „texanized” seit 1998
Unten: PARIS, Christus mit
Cowboy-Stiefeln auf dem Evergreen Cemetery
Quellen: http://farm3.static.flickr.com/2524/3853754932_1808658b23.jpg http://claymama1.blogspot.com/2009/07/my-town-paris-texas.html
Die. 15.8.:
Nach
Auswechslung des angeschlagenen Mietwagens machen wir uns auf den Weg
zu unserem Tagesziel Oklahoma City, und zwar auf der
Nebenstrecke über Paris, Texas. Im gleichnamigen Film von Wim
Wenders ist von der Stadt nur das öde Grundstück auf dem
zerknitterten Photo zu sehen, das Travis noch mit sich trägt. Da ich
schon seit langem vorhabe, über Wenders' Filme und ihre
hermetische Erzählweise ein Buch zu schreiben, kommen wir auf dieser
Reise gelegentlich auf seinen Film zurück und werden
Travis' Spur das nächste Mal wieder an der mexikanischen Grenze beim
Big Bend des Rio Grande kreuzen.
Paris,
Wohnort des hier auch beigesetzten Rinderbarons John Chisum, war
Ausgangspunkt eines westlich nach New Mexiko führenden
Longhorn-Trails. Gegenwärtig hat die Stadt 25.000 Einwohner. An
jeder zweiten oder dritten größeren Kreuzung erblicken
wir eine Kirche oder ein kirchliches Versammlungsgebäude,
mitunter haben sich dort gleich zwei und auch drei
miteinander konkurrierende
christliche Freikirchen und Sekten angesiedelt, vorneweg die
Baptisten. Ihnen gehören drei oder vier Dutzend der über 100
für den Ort verzeichneten Kirchengebäude (s. „Google maps”).
Falls an ihren Früchten zu erkennen, muß hier eine
weithin bigotte Lebensweise geherrscht haben, hat doch
Paris - wie wir und zweifellos auch Wim Wenders erst viel
später erfuhren - seit Generationen einen üblen Ruf als
Hochburg
des Rassismus
mit brutalen (öffentlichen) Lynchmorden
an Schwarzen. Speziell die baptistischen Kirchen im Süden der USA
haben die Rassentrennung praktiziert, sogar
innerhalb der eigenen Konfession, und sollen sie hier
und da noch heutigentags verteidigen.
Wim
Wenders selbst verschlug es bei seinem Besuch dieser Stadt zunächst
einmal die Sprache. Auf S. 92 von ‘Einmal. Bilder und
Geschichten’ (Frankfurt/Main 2. Aufl. 1995) schreibt er:
„Einmal war ich tatsächlich in Paris, Texas ... Gleich am ersten
Tag meines Aufenthalts, beim ersten Spaziergang, kam mir
ein Umzug entgegen, die Weihnachts-Parade: ‘It left me
speechless.’” Er brachte es aber noch fertig, den
grotesken Umzug zu photographieren und nahm einige Bilder
in das ‘Einmal’-Buch auf.
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