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Police Officer 1995 in der New Yorker Subway
HARLEM. Oben: Abbruchreife Gebäude noch im Jahre 2005.
Unten: Harlems Schokoladenseite 2009

Quellen: www.usatoday.com/news/nation/2005-10-07-subwayplot_x.htm                                                                 http://en.wikipedia.org/wiki/File:Harlem_condemned_building.jpg

   http://narmer.files.wordpress.com/2009/03/harlem090406-560.jpg

 

In den ersten Tagen bewegen wir uns besonders wachsam durch gewisse Areale dieser Stadt. Anzeichen für die so oft be­schwo­re­ne Kriminalität gibt es freilich genug, schon die vor der Abenddämmerung wie aus­ge­räum­te City stimmt un­be­hag­lich, sodann die hier und da plaudernd dastehenden, aufmerksam um sich bli­cken­den Grüppchen oder Cliquen. Die mehr­fach ge­si­cher­ten und verbarrikadierten Läden sind stumme Zeu­gen, deren Schäbigkeit alles nur noch bedrohlicher erscheinen läßt. Ver­bar­rikadiert ist auch der Kas­sen­raum so mancher Tankstelle, an der man das Wechselgeld durch einen Schlitz zu­rück­ge­scho­ben be­kommt. Auf den schlecht ausgeleuchteten Subway-Strecken kann einem die Fahrt wie ein Gang durch feind­li­ches Ter­rain vor­kom­men, wozu nicht zuletzt das Gebaren der Sicherheitsbeamten beiträgt. Im Abteil mit vorwiegend „col­oured people” bleiben sie demonstrativ bei der Tür stehen, bis wir, die anscheinend aus Westeuropa Ge­kom­­me­­nen, den Wa­gen ver­lassen haben.

   Während einer Schleichtour durch das verrufene Harlem können angesichts des Quadratkilometer sich aus­brei­ten­den Elends freilich auch aufrührerische Impulse in einem aufsteigen, Gedanken etwa an etwaige Faust­pfän­der wie das be­nach­bar­te, ungeheim lauschig daliegende Guggenhein-Museum. Daß sich in Har­lem auch gepflegtere Wohnbezirke für „far­bi­ge” An­wäl­te, Ärzte oder Beamte finden, scheint auf eine Nor­ma­li­sie­rung und selbstbewußte Autarkie hinzudeuten. Allerdings längst nicht so substantiell, wie spä­ter in At­lan­ta/­Georgia zu bemerken, wo die Stadtverwaltung anscheinend von Afro­ame­ri­ka­nern do­mi­niert wird. – Nicht übergehen möchte ich im Zusammenhang der latenten Kriminalität die Raub­bet­te­lei ei­nes Schwar­zen in ei­nem Liquorladen in St. Louis; als ich die Sache mit Humor abzuwickeln such­te, wur­de es schlag­ar­tig un­­­ge­­müt­­lich.


Im übrigen haben wir das europäische Vorurteil von der notorischen Rücksichtslosigkeit und Ge­walt­be­reit­schaft der Yankees bald revidieren können. Die Berührungs- und Rempelungstabus werden hier strenger als bei uns beachtet, ein ständiges Sich­ent­schul­di­gen ist schon bei kleinen unvermeidlichen Annäherungen üb­lich. Und nur ein einiges Mal wurde jemand aus­fal­lend, ein etwa 60jähriger Weißer aus Ohio mit Cow­boy-Kor­del­kra­wat­te, der in einem Hotellift in Washington glaubte, mit sei­ner ab­fäl­li­gen Bemerkung über einen Asia­ten unsere Zustimmung zu erhalten. Bei der ansonsten übertriebenen Zu­vor­kom­men­heit der Wei­ßen konn­ten wir uns kaum einmal länger als zehn Sekunden in einen Stadtplan vertiefen, ohne ein un­er­wünsch­tes Hil­fe­an­ge­bot zu bekommen. Sicherlich auch wegen dieser Beflissenheit kamen auf unserer Rei­se Ge­sprä­che mit Ein­­hei­­mi­schen zu kurz, was aber vor allem an unserem ständigen Ortswechsel lag. Iro­ni­scher­weise un­ter­hiel­ten wir uns am läng­sten mit den Cops zweier Highway-Patrouillen, die meine Ge­schwin­dig­keits­überschreitungen aus ihren westernreifen Lau­er­stel­lun­gen beobachtet hatten und so­gleich mit Si­renengeheul hinter uns her jag­ten. Jedesmal war einer von ihnen mit West Ger­ma­ny in Be­rüh­rung ge­kommen, entweder noch über den Zwei­ten Weltkrieg oder durch späteren Militärdienst in der Bun­des­re­pu­blik; auf den Verkehrsverstoß selbst ka­men sie nach einer Ermahnung dann nicht mehr zu spre­chen.


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