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Anton Peikert alias „PIEFKE” (*1914 †2000)
1965 „beim Faustballspiel gegen eine Schülermannschaft” (Photo von G. Dotzauer)

Quelle: http://bi.schraven-net.de/su/fvs60/FVS60J-f0007.htm         


Gymnasiale Mittel- und Oberstufe („ ... spielt gerne Opposition
)

 

Die einst bedrohliche Überlegenheit der Lehrer, die einen mit ih­ren unerklärlichen und unerschöpflichen Wis­sens­vor­rä­ten voll­zu­stop­fen such­ten, ist schon zu Beginn der Mittelstufe weithin ge­bro­chen. Rasch machen wir ein­an­der auf die Schwä­chen und Ab­son­der­lich­keit­en der neu­en Pau­ker aufmerksam; außerdem be­herr­sche ich nun ge­wis­se Schum­mel­techniken, mit denen ich mich ohne größere An­stren­gun­gen über Wasser halten kann. Als ich im Früh­jahr 1958 (mit 13 Jah­ren) wegen „mangelhafter” No­ten in Latein und Ma­the­ma­tik die Quar­ta wie­der­ho­len muß, kom­me ich zu­sam­men mit einem halben Dutzend Leidensgenossen in die Klasse von „Pief­ke”, der uns in Ma­the­ma­tik und eine Zeit­lang auch in Physik unterrichtet.

   Ungefähr 40 Jahre alt, klein, sorgfältig gescheitelt, tritt er mir mit Brille und Strickweste als eine der Gestalten vor Augen, die mir von den Witzseiten der Revuen her als Schalter- oder Fi­nanz­be­amte geläufig sind. Als „Sparlehrer” unserer Schule sucht er uns mit skur­ri­len Sparplänen anzufeuern <so hätte ein zu Zeiten Christi angelegter Pfennig bei 6% Zinseszinsen jährlich nun in Tonnen Gold ei­nen Ge­genwert von einer 8 mit 40 Nullen, würde freilich auf unserem Erdball nicht genügend Platz finden; Beitrag in Heft 2/1964 un­se­rer Schülerzeitschrift Der Kreisel>.

   Trotz jener Ka­me­ra­den emp­fin­de ich mich in seiner Klas­se noch lange Zeit als Fremdling; in Anrede, Lob und Tadel un­ter­schei­det er merk­lich zwischen uns Neu­an­kömm­lin­gen und den Sei­nen, was mir be­son­ders an seiner täg­li­chen Übung auf­geht, zu Be­ginn des Un­ter­richts, als wäre es eine Mor­gen­an­dacht, die Klasse mit dem Gro­ßen Ein­mal­eins kopf­rech­nen zu las­sen. Wo un­sereins noch wirk­lich zu rechnen hat, kom­men bei ihnen, zu „Piefkes” Be­ha­gen, die Er­geb­nis­se nur so her­aus­ge­schos­sen. Um so überraschender, als er sich ei­nes Tages so gar nicht als der ma­the­ma­ti­sche Pe­dant, für den ich ihn hal­te, verhält und mich sehr dafür lobt, daß ich bei ei­ner um­strit­te­nen Sa­che auf mei­ner An­sicht beharrt habe. Wo­rum mag es ge­gan­gen sein? Vermutlich um meinen Austritt aus der evan­ge­li­schen Kirche bzw. meine Weigerung, weiterhin am Schul­got­tes­dienst teil­zu­neh­men.

Danach scheine ich mich auch für Mathematik und Physik ein we­nig erwärmt zu haben, verbessere mich jedenfalls bis zum Ende der Un­ter­ter­tia (Frühjahr 1960) von Jahr zu Jahr in den Zeug­nis­noten.

   Monate vor dem Abitur spricht Herr Peikert mich auf dem Schulhof an und fragt wie erstaunt: „So weit bist du schon?” Und er­kun­digt sich nach meinen Studienplänen. Wochen später begleitet er uns – laut Ta­ge­buch am 16.10.64 – auf einem Werks­be­such bei der Ober­hau­se­ner HOAG. Als ich nach dem abschließenden Mit­tag­es­sen meinen Man­tel nehme, erhebt er sich vom Tisch und schüttelt mir mit fei­er­li­chen Wor­ten, wunderlich bewegt, die Hand.

   Ich habe jetzt den Eindruck gewonnen, daß er sich während jener letz­ten Wochen seine Gedanken über den Zu­sam­men­hang zwi­schen mei­nem Studienziel Philosophie und meinem frühen rel­i­gi­ons­kri­ti­schen Bekenntnis gemacht hat­te.


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