Unsere
Sportlehrer scheinen nicht so recht zu den anderen Gymnasiallehrern
zu gehören. Den meisten Studienräten ist
ihre Gleichgültigkeit gegen dieses Fach gut
anzumerken, wenn sie nicht gar ironische Seitenhiebe
versetzen. Die Sportlehrer ihrerseits scheinen den
Umgang mit ihnen zu meiden, sind nur selten auf den
Schulkorridoren zu sehen und sprechen mit
uns kaum je einmal über andere Fächer. Dabei
verhalten sie sich uns gegenüber durchweg kameradschaftlich,
und zwar nicht nur gegenüber den „Sportlichen” unter
uns, zu denen auch ich nach einiger Zeit gehöre.
In der Unter-
und Mittelstufe dürfen wir im Sommer meist auf dem Sportplatz
neben dem Gymnasium Fußball spielen. Eifrig und
fröhlich machen auch die pummeligen und dicklichen Mitschüler
mit. Im Winterhalbjahr hingegen geht es oft beinahe
so lustlos wie im übrigen Unterricht zu: In der neben
dem Musiksaal gelegenen Turnhalle haben wir nun bald
für die Winterbundesjugendspiele
Übungen zum Bodenturnen und zum weithin ungeliebten
Geräteturnen zu machen, bei dem mir Barren
und mehr noch das Reck besonders verhaßt sind. Bald
müssen wir uns dazu weiße Gymnastikschühchen
anschaffen, die noch leichter als meine Mokassins
sind und über dem Spann mit einem weißen Gummiband
festgehalten werden.
Mit
dem Erinnerungsbild an diese Halle kommt mir sogleich einer meiner
ersten Turnlehrer wieder in den Sinn, wie er zünftig
gekleidet hinten beim Geräteraum dasteht, in
einer langen weißen, mit einem Gummiband unter der
Sohle gehaltenen Hose und mit Turnhosenträgern
über dem kurzen Hemd. Er ist schlank und muskulös, von
ernstem Wesen, trägt eine dunkle (Horn-?)Brille
und hat das dunkle Haar auf jugendliche Art nach
hinten gebürstet.
Auf
seinen Namen - Otto Lutz - kam ich erst, als ich auf meinem
„Fahrtenschwimmer-Zeugnis” vom 4.7.57 die Unterschrift des
„Lehrschein”-Inhabers las.
Unsere
alte Turnhalle ist so hoch, daß sie in jenem Erinnerungsbild keine
Hallendecke hat. In einem düsteren schlauchartigen
Vorraum, den wir meist vom Schulhof her betreten, ziehen wir uns
um. Ein anderer Zugang zu der Halle, der über eine
Treppe neben dem Musiksaal hinunterführt, kommt mir
nur ausnahmsweise wieder in den Sinn, gewiß deshalb,
weil er nach Errichtung
der neuen Turnhalle (1959)
verschlossen blieb und zur Aula umgebaut wurde.