Quellen: http://bullard.esc.cam.ac.uk/~jh468/photos/greece%2012.04/delphi%20amphitheatre.JPG www.gottwein.de/imag02/delph01.jpg
Fr. 17.8.:
So
früh wie möglich machen wir uns auf den Weg zu dem vor der Sonne
ungeschützt daliegenden Orakelheiligtum des Musen- und
Lichtgottes. Anhand der Reiseführer arbeiten wir uns Meter um Meter
an den Relikten der schlangengleich sich hochwindenden
Heiligen Straße vorwärts. Gesäumt wird sie von vielen
Schatzhäusern und Weihgeschenken, die mitunter den Eindruck
einer politischen Spott-und-Hohn-Architektur
erwecken. So ist der Stätte der Triumph und Dankesgaben der
Athener diejenige der sie später
besiegenden Spartaner genau gegenüber angesiedelt, und dieser zur
Rechten wiederum die der Sparta noch später überwindenden
Arkadier.
Zuletzt
erreichen wir den Apollon-Tempel selbst. In seiner Vorhalle waren die
Aussprüche der Sieben Weisen festgehalten, darunter das
erkenntnistheoretisch so fundamentale, unheimliche und immer wieder
gern vergessene „Gnothi
seauton”
(„Erkenne dich selbst!”). Im Innersten des Tempels
befand sich der Dreifuß der Pythia. Sie stammte in der Regel aus der
Ortschaft, und das Gestammel der Berauschten wurde von politisch
aufgeklärten Priestern sicherlich zweideutig genug ausgelegt.
– Nur in den Grundmauern erhalten geblieben ist der
oberhalb des Tempels gelegene Versammlungsort (Lesche) der Knidier.
Sie enthielt die von dem reisenden Geschichtsschreiber Pausanias
überlieferten – und von Goethe übersetzten – Beschreibungen
der verschollenen Wandgemälde Polygnots, die den
Trojanischen Krieg und Odysseus’ Besuch in der Unterwelt
behandelten. Letztere erinnert einen daran, daß das
Heiligtum des Lichtgottes immer im Bann der von ihm verdrängten
chthonischen Gottheiten blieb. Für die Tötung des
Pythondrachens mußte Apollon selbst Sühne leisten und führte
so die Pythischen Spiele ein, deren Athleten-Wettbewerbe
im Stadion oberhalb der Anlagen ausgetragen wurden.
Schließlich haben
auch wir zu dem 50 Meter über dem Theater liegenden Stadion
hochgefunden. Es wurde im 2. nachchristlichen
Jahrhundert renoviert und ist noch gut erhalten. Hier
erholen sich etliche Besucher Delphis oder nehmen trotz strengen
Verbots ein Picknick ein. Über Verbote scheinen sich
speziell die Griechen der Gegenwart gern in einer gewissen
Trotzlust hinwegzusetzen, nicht zuletzt in den
Museen, wo sie öfter hinter dem Rücken der Wärterinnen oder
spätesten im nächsten Saal wieder das
Blitzlicht einsetzen. – Hinter der mit Marmorplatten
ausgelegten Startlinie studieren wir die schlauen
Transportweg der hiesigen Ameisen – und müssen spontan
lachen, als kurz darauf beim Hinuntersteigen
unser Blick auf die Serpentinen mit den
Hinaufpilgernden fällt. Wiederholt ertönt eine
Trillerpfeife der gut verborgenen und vor Apollos
Sonnenpfeilen geschützten Wächterinnen.
- 10 -