Nach
drei Stunden erreichen wir über Kouvola PORVOO/BORGÅ,
die zweitälteste Stadt Finnlands. Wie Turku, die älteste Stadt, lag
sie an der großen Verkehrs- und Handelsroute („Königsstraße”),
die von Bergen über Oslo und Stockholm bis St. Petersburg
führte. Nach so viel Tagen in relativ menschenarmen Regionen
ist es für uns ein kleiner Schock, als wir die Busse und Gruppen
derer erblicken, die sich meist wohl aus Helsinki zum
Wochenendausflug eingefunden haben. Wir biegen jedoch bald in die
wenig belaufenen Kopfsteinpflastergäßchen
der hügelige Altstadt ein und beschauen gemächlich die
vielen farbenfreudigen Holzhäuser. In dem spätgotischen Dom
droben, der 2006 abbrannte und inzwischen wiederhergestellt ist,
hatte 1809 Zar Alexander I. durch Throneid den Finnen
weitgehende Selbstverwaltungsrechte bestätigt.
Als sie gegen Ende des Jahrhunderts von Nikolaus II. teilweise
widerrufen wurden und u.a. Russisch als Dienstsprache und ein
Militärdienst in der russischen Armee
vorgeschrieben wurden, erschoß 1904 in Helsinki der junge
finnische Nationalist Eugen Schauman den
russischen Gouverneur, erschoß sich dann selbst und wurde
hier in Porvoo in seinem Familiengrab beigesetzt.
Das Podest seines Grabmals hat man sinnigerweise mit zwei großen
Eisenkugeln dekoriert. Sibelius widmete ihm
einen Trauermarsch, der finnische Ministerpräsident
Vanhanen jedoch verurteilte 2004 die Tat als
terroristischen Akt. – Wir gehen zuletzt noch zum Fluß
Porvoo hinunter und erfreuen uns am Anblick der
rotgestrichenen alten Salzspeicher und anderer
Lagerhäuser.
Vor
dem Flughafen in Helsinki-Vantaa kommt uns wie aus einem
Kaurismäki-Film eine Flotte alter amerikanischer
Straßenkreuzer entgegen. Kurz vor Sonnenuntergang
heben wir ab. – In Stuttgart haben wir gegenüber der
Osteuropäischen Zeit eine Stunde gewonnen, müssen
dafür aber fast eine geschlagene Stunde am Gepäckband
auf unsere Koffer warten.
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