Quelle: http://bi.schraven-net.de/su/fvs1965/FVS-f0006.htm
Zwei-,
dreimal sehe ich, wie ein ehemaliger Schüler Jahre nach dem Abitur
oder noch während seiner Zeit bei der Bundeswehr (in Uniform)
beim Lehrerzimmer wartet oder sich schon auf dem Flur mit einem
Lehrer unterhält, freudig angeregt, wie ich es sonst
nie bei uns erlebt habe.
Nur
bei der jährlichen Entlassungsfeier für die Abiturienten finden
sich bei uns viele Gäste in der Aula ein: Eltern, Vertreter von
Behörden und „Ehemalige”, die man 20 oder 30 Jahre
nach ihrem Abitur wieder hierzu eingeladen hat. Diese in
Grüppchen dastehenden Herren unterhalten sich
eifriger als andere Gäste, und einen von ihnen sehe ich
von meinem erhöhten Sitzplatz des Schulchors aus beim
Mittelgang erwartungsvoll umherblickend sitzen, sicherlich nach
alten Mitschülern Ausschau haltend. Eine Ansprache,
die ihr Vertreter im schwarzem Anzug mit silberfarbener
Krawatte hält, tut mir besonders wohl, denn sie unterstreicht
den Abstand zum gegenwärtigen Schulbetrieb und läßt
erahnen, daß auch meine eigene, in ihrer Unabsehbarkeit so
lähmende Schulzeit revidierbar ist,
daß sie nicht das letzte Wort behalten muß und irgendwann
vielleicht mit freierem Blick betrachtet werden
könnte.
Und wieder einmal singe ich schließlich
im Schulchor <nach Felix Mendelssohn, Text von Hoffmann v.
Fallersleben>:
„Nun zu guter Letzt geben wir Dir jetzt
Auf die Wandrung das Gelei-ei-te.
Wandre mutig fort, und an jedem Ort
Sei Dir Glück und Heil zur Sei-ei-te.
Wa-a-andern
müssen wir auf Erden,
Unter Freuden und Beschwerden
Geht hinab, hinauf, unser Lebenslauf.
Das ist unser Los auf Erden.”
Nicht
ein Mal kam ich auf dieser Anstalt mit fremden Schülern oder
Lehrern zusammen, habe auch nie mit einem Mädchen des
Lyzeums, das nur ein paar hundert Meter von uns liegt, ein
Wort gewechselt.
Nach
Unterbindung des gemeinsamen „Schulgottesdienstes” 1959 wurde
1963 auch die gemeinsame Ausgabe der seit 1958 für
Gymnasium und Lyzeum bestehenden
„Schülerzeitschrift” ohne Angabe von Gründen
aufgegeben und in unserem Zeitschrift nur noch vereinzelt
ein „Schülerball” erwähnt.
Von
der Sexta bis zum Abitur wurde von uns nicht ein einziges
Klassenphoto gemacht! Unschätzbar schon deshalb die
Karikaturen, die nach der „Mittleren
Reife” der künstlerisch Begabteste unter uns für unsere
„Bierzeitung” zeichnen wird.
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