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Nebeneingang beim Fahrradkeller (Photo 1965 von Gerhard Dotzauer)
Quelle: http://fvs-galerie.schraven-net.de/

 

Noch während des Klingelzeichens zum Ende der Stunde können und wollen wir es uns bei einigen Leh­rern er­lau­ben, Bü­cher und Hefte sofort zuzuklap­pen, eben noch hinhörend, was uns der Be­tref­fen­de mit er­höh­ter Stim­me als not­dürf­ti­ge Abrundung anbietet oder an Hausaufga­ben mit auf den Weg gibt. In der Re­gel ge­ben wir zwar sogleich er­ste An­zei­chen des Aufbruchs, lösen uns vom Text und rich­ten uns auf, fol­gen aber noch einigermaßen höflich den letz­ten Aus­füh­run­gen. Bei dem ei­nen oder an­deren gestrengeren Stu­di­en­rat ha­ben wir uns so zu verhal­ten, als hätte es gar nicht ge­klin­gelt, sollen mit konzentrierter Miene bei der Sa­che blei­ben, bis wir endlich, manchmal erst nach Mi­nu­ten, förm­lich ent­las­sen werden.


In den kleinen Pausen bleiben wir in den Klassenräumen. Wenn ich nicht ge­rade fie­ber­haft mei­ne Hausaufgaben für ei­ne der folgenden Stun­den fertig­zustel­len habe, be­tei­li­ge ich mich gern an den üblichen Späß­chen: Mit dem krei­di­gen oder auch nassen Schwamm werfen wir auf ein­­an­der und schießen mit Gummi­ringen Papierkrampen ab, spie­len mit dem Schwamm oder ei­nem Bällchen aus Silberpapier Fußball, lassen Pa­pier­schwal­ben durchs Klassen­zim­mer flie­gen oder se­hen vergnügt zu, wie jemand ei­ne Karikatur auf die Wandtafel zeichnet – am besten auf die In­nen­sei­ten, was beim spä­te­ren Auf­klappen während des Un­terrichts einen lustigen Über­­ra­­schungs­­ef­­fekt verspricht. Es bleibt fast im­mer so harm­los. Ein­mal nur scheint ein Mit­schü­ler je­man­dem Reißzwecken auf den Stuhl gelegt zu ha­ben, und ein- oder zwei­mal schlägt ein Schü­ler heftig auf einen anderen ein.


Fröhlich beschwingt geht es nach draußen in die große Pause, wo auch ich oft aus­ge­las­sen um­her­sprin­ge. Wir Schü­ler der Unterstufe hal­ten uns meist auf dem klei­ne­ren seit­li­chen Schulhof auf, der „unserem”, mit ei­ner Eule (der Mi­ner­va?) ver­zier­ten Ein­gangs­por­tal gegenüberliegt. Der auf­sicht­füh­ren­de Studienrat duldet in der Regel klei­ne­re Fang­spie­le oder „Bock­sprin­gen”, manch­mal auch Schlinderbahnen, verfolgt aber die Wer­fer von Schnee­bällen. Nach dem Klin­gel­zei­chen zum En­de der Pau­se stel­len wir Un­terstufenschüler uns vor dem Eulen-Portal auf, wohl klas­sen­wei­se und in Zwei­er­rei­hen. Ein Leh­rer er­war­tet uns schon auf der ober­sten Trep­pen­stu­fe und läßt uns dann ko­lon­nen­wei­se zu den Klas­sen­zim­mern ab­mar­schie­ren. Die älteren Schü­ler be­nut­zen den Ne­ben­ein­gang beim Fahr­rad­kel­ler und stel­len sich nur noch in lo­cke­rer Grup­­pie­­rung auf.


Unter Anleitung unseres Klassenlehrers, der aus Ostdeutschland geflo­hen war, stel­len wir in der Weihnachtszeit Ge­schenk­pa­ke­te mit Bohnenkaf­fee, Orangen, Scho­ko­la­de und anderen Sa­chen zusammen, die wir von unseren Eltern als Spen­de er­beten hat­ten. Zusammen mit ei­nem Klas­­sen­­ka­me­raden liefere ich kurz vor Heiligabend ein Pa­ket bei ei­ner Frau ab, die mit ih­rer Fa­mi­lie neben vielen anderen noch in dem rie­si­gen Hoch­bun­ker meines Che­mie­fa­brik­städt­chens wohnt. Mich be­ein­druckt die Art, wie die dunkelhaarige verhärmte Frau unsere Ga­be ohne jede Regung und oh­ne Dan­kes­wort ent­ge­gen­nimmt.

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