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Elke Th. 1954/55

                                          



Letzte Grundschulzeit; Trennung von Elke und anderen Mitschülern

 


Wie Elke so ernst und traurig, mit dunklen Schatten un­ter den Augen, her­über­blickt und ihre Schultern so vorn­über­hän­gen läßt! Unsäglich hilfsbedürf­tig kommt sie mir vor, dann wiederum muß ich sie bewun­dern, da sie die be­ste un­serer Klasse und dabei so bescheiden ist. Ha­­­be ich nie versucht, ihr ein Zeichen meiner tie­fen Zu­nei­­gung, in die sich Mitleid mischt, zukommen zu las­sen? Seit je verbindet sich auf geheim­nisvolle Wei­se das Wort „Him­mel­fahrtsnase” mit ihr.

Ihre Nase dürfte mich an die ähnlich spitz hochdeutende mei­­ner so früh ver­storbenen Freundin Gitti erinnert ha­ben – an deren „Himmelfahrt” demnach!


Elke hilft öfter ihren Eltern in dem kleinen Le­bens­mit­tel­­ge­schäft, in das ich mich gern zum Einkaufen schi­cken lasse. In seinem grauen Kittel, ei­nen Ku­gel­schrei­­ber oder Bleistift in der Brusttasche, steht ihr Vater da, ein schmaler Mann mit grauem Gesicht und scharfen Fal­­­ten in den Wan­gen. Die Mutter, klein und rund­lich, sitzt meist bei der Kasse. Beide sprechen leise, neh­men meine Bestellung stumm entgegen und un­ter­hal­ten sich auch danach nicht mehr mit mir. Rechnen sie nicht alles auf ei­nem Zettel zusammen? Ver­stoh­len schau­­­e ich zu Elke hin­über, doch scheint sie mich nicht wei­­ter zu beachten! In meiner Erinnerung äh­nelt der La­­den einer Puppenstube, sehe ich doch helle me­tall­e­ne Schäufel­chen für Mehl und dort bei der Kas­se Wa­re in Säcken, die nach außen hin umgekrem­pelt sind. Wird hier noch mit den winzigen Mes­sing­ge­wich­ten ge­wo­gen? Und sind nicht die Regale an der Längswand mit Holz­­­schub­lädchen ausgestattet?


Auf drei Gruppenphotos, die ich für die Jahre 1951, 1953/54 und 1959 von einem Großteil meiner Mitschüler be­sit­ze, behält Elke bei der Auf­stellung un­gefähr ihre Po­si­ti­on bei. Zur Konfirmation zeigt sie keine Spur mehr von je­ner Nie­dergeschlagenheit und kommt mit ih­rem nun straff zu­rückgekämmten Haar meinem Erinnerungsbild von etwa 1960 na­he, als ich sie noch ein letztes Mal beim Markt­platz-Ki­no mit dem Fahr­rad neben ihrer Freun­din ste­hen sah; bei­de schlank, in „Dreiviertelho­sen”, munter und zweifellos selbstbewußt. Wie ich damals zu wis­sen glaub­te, gingen beide auf das Lyzeum der Nachbarstadt.

   Nach meiner ersten Rückkehr nach Holten notierte ich 1976: „Traue mich ... in den Laden, erblicke den Alten so gut wie unverän­dert, auch die klei­ne rundliche Mutter. Sie ver­län­gern noch extra die Mittags­pause, doch rutscht das Ge­­spräch immer wieder von der kleinen Elke weg zu ir­gend­­wel­chen ver­wandten Werdegängen; sie scheint vor der mittleren Reife abgebrochen zu ha­ben, präsentiert wird sie mir auf einem Hoch­zeitsphoto (das ich rasch wie­der zu­rückgebe).”

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