Die
3. Etage des Museums bietet neben Kalligraphien und Siegeln eine
repräsentative Gemäldesammlung von der Tang- bis zur Qing-Dynastie.
Die von mir gefilmte Bildrolle aus der Ming-Dynastie ist im
chinesischen Stil der "beweglichen Perspektive"
gemalt, die keine Zentralperspektive wie die neuere westliche Kunst
kennt, dafür eine Reihung von Szenerien darstellen kann,
wie sie in ihrer Ausdehnung vom menschlichen Auge niemals
überblickt werden könnte. Beim Abrollen des Bildes entfaltet sich
so allmählich und ohne den Zwang, alle Bildstationen
jedesmal bis zum Ende zu verfolgen, diese ein Seengebiet
umschließende und immer wieder schroff aufragende
Gebirgslandschaft. Zwei Segelbooten sind in ihr unterwegs
und hier und da - bevorzugt paarweise - einige Menschen. Die meist
von Bäumen umstandenen Häuser- oder Pavillongruppen
sind mit großzügigen Abständen zueinander angelegt.
Die Abteilungen
der 4. Etage stellen Mobiliar der Ming- und Qing-Dynastien aus,
ferner Produkte des (Kunst-)Handwerks ethnischer Minderheiten sowie
Chinas Münzwesen. In dieser letzten von uns besuchten
Abteilung, die neben Münzen auch frühere Zahlungsmittel
wie Kaurimuscheln sowie barren- oder messerförmige Bronzestücke der
ersten Dynastien präsentiert, stoßen wir auch auf
ein Relikt der deutschen Kolonialpolitik.
Wie schon ausländische Banken seit Mitte des 19. Jh. eigene
Banknoten in China in Umlauf brachten, so machte es von 1889 bis
zum Ersten Weltkrieg die "Deutsche Bank". Nach dem Sieg
über Frankreich 1870 auf kaiserlichen Erlaß hin gegründet,
operierte sie hier unter dem Namen der von ihr geleiteten
"Deutsch-Asiatischen Bank" und hatte neben
Filialen in Indien, Singapur und Japan nicht weniger als
acht Niederlassungen in China. Shanghai war ihr Hauptsitz,
und zu ihren Hauptgeschäften gehörten die Finanzierung
des Ex- und Imports, der Handel mit chinesischen
Staatsanleihen und die Beteiligung an Bergwerk- und
Eisenbahnprojekten.
- 75 -