Quellen: www.aue-kult.de/images_china/china_suzhou_2003_11_bl.jpg Kranich-Mosaik: www.flickr.com/photos/abbys_mom/115606984/in/photostream/
Yinjing-Brücke: http://laibach.blogbus.com/logs/40651828.html Penzai-Garten: http://evilbrainjono.net/blog?permalink=1131
langes
Steinbrückchen
(Nr. 17) zurück zu den Wohngebäuden im Osten. Ihren Namen
"Yinjing"
oder auch "Brücke zur ruhig-heiteren
Gelassenheit" hat sie gewiß für die umgekehrte,
in den Gartenbereich führende Wegrichtung erhalten. Wem es übrigens
gelänge, sie mit nur drei Schritten zu überqueren,
dem soll ein langes Leben beschieden sein.
*
Durch
die dichte Bebauung mit den ineinanderlaufenden Gebäuden und kurzen
verwinkelten Gängen sowie Seitenausgängen, die zu
spontanen Richtungsänderungen
einladen, verliert der Besucher leicht die Orientierung. Zu
bemerken ist diese Konfusion auch an vielen Photos,
die man nur pauschal diesem Netzmeistergarten zugeordnet
hat, aber kaum einmal einer bestimmten Szenerie darin. Bei
Videoaufnahmen von Amateuren
bewegt sich der Kameraträger gelegentlich wie
in einem Irrgarten hin
und her. Und sogar bei einem relativ stetigen
Rundgang stellt sich immer wieder eine gewisse
Irritation ein, siehe etwa
www.youtube.com/watch?v=A3r54QM9mZU&feature=relmfu
(besonders
ab 6:30 min.) sowie
www.youtube.com/watch?v=pp8asvNFuBA&feature=end
screen&NR=1.
Gleichwohl
ist das Ensemble der Garten- und Gebäudeanlage so umsichtig
strukturiert, daß Architektur und Natur, Innen- und
Außenräume in eine ästhetische Balance gebracht
sind. Wie die chinesische Landschaftsmalerei auf die Gestaltung der
Gartenanlage Einfluß nahm, so auch die
chinesische Literatur; es gibt kaum ein
Bauwerk oder einen szenischen Ort, der nicht nach
einem Roman- oder Lyrikmotiv benannt
oder ausgestaltet wäre. Das Schnitzwerk für die
Türen des "Pavillons des Waschens der Hutbänder"
(Nr. 14) zeigt gar detailliert Szenen aus einem populären
Roman über die Zeit der Streitenden Reiche (3. Jh.). Umgekehrt
werden Naturgebilde in einem fort als
Bauelemente und als Dekor aufgenommen
und sublimiert. Für den Europäer wohl am
bemerkenswertesten sind diese Stein- und Felsformationen,
die wie der "Habichtfelsen" als poröses
Kalkgestein im nahgelegenen Taihu-See
gefunden wurden und durch oft jahrelanges Lagern im Wasser ihre
bizarre Formen gewannen. Idealerweise
sollten sie danach naturbelassen
bleiben, wurden freilich nicht selten durch Bohr- und
Schleiftechniken weiterbehandelt. Größere
Einzelstücke der Zier-
oder Gelehrtenfelsen
hat man ihrem Rang nach mit den Statuen in europäischen
Gartenanlagen verglichen. Kleinere
Exemplare dieser Gelehrtensteine ("Gongshi")
nahm man in die Wohngebäude hinein und
präsentierte sie auf maßgefertigten
Abstellmöbeln.
Pflanzen
und Tieren findet der hiesige Gartenbesucher auch in Gestalt von
Schnitzwerken und öfter noch von Bodenmosaiken vor. Eines
darunter ist der Kranich,
der in China Langlebigkeit symbolisiert und zudem als
Seelengeleiter fungiert. In der Qing-Dynastie trugen diese
Mandarine sein gesticktes Bild als
Abzeichen des höchsten Beamtenranges
auf Brust und Rücken. Das Kranichmosaik vor dem Mondtor des
Penzai-Gartens war demnach sicherlich ein
Hinweis auf den hohen Status des Gartenbesitzers.
Das
oben rechts abgebildete Penzai-Gärtchen
liegt in einem Seitentrakt beim "Pavillon der
Wolkentreppe" (Nr. 7). Unser chinesischer
Reiseleiter erklärt uns hier wie
beiläufig, daß die Chinesen die im Westen weithin
als typisch japanisch angesehene
Miniaturisierung von Pflanzen lange zuvor schon als Gartenkunst
kultiviert hatten. Ja, Penzai oder 'Penjing'
als 'Landschaft in der Schale' ist für China -
vermittelt durch den Chan-Buddhismus - seit dem Anfang des
8. Jh. nachweisbar und für Japan als 'Bonsai'
erst sechs Jahrhunderte später. Als Höhepunkt
der Penzai-Kultur galten um 1800 diese Privatgärten von
Suzhou. Das jetzige Gärtchen freilich ist relativ
schmächtig und wurde, wie mir scheinen will,
zugunsten der bedeutenden
Penzai-Baumschule im "Garten der Politik des
Einfachen Mannes" vorsätzlich so unscheinbar
gehalten.
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