Als
unser Reisebus sich dem Museumstrakt für die Terrakotta-Armee
nähert, trägt die Reiseleiterin kurz die Geschichte der
Zufallsentdeckung von 1974 vor: Bauern stießen
damals beim Ausschachten eines Brunnens unter anderem auf
Tonfragmente, die sie im Dorf herumzeigten. Niemand
wußte sich einen Reim darauf zu machen, ja, einige
verwünschten sogar die Entdecker, da sie sicherlich
Dämonen aus der Unterwelt freigelassen hätten.
Der Bürgermeister soll sich gleichwohl mit dem Fund zu der
zuständigen Behörde begeben
haben, wo sich jemand an die oben erwähnte
Beschreibung des angrenzenden Mausoleums durch Chinas
ersten Historiker Sima Qian erinnerte. Dieser hatte
freilich nirgendwo von einer Terrakotta-Armee
berichtet; um so größer die Überraschung angesichts dessen, was da
bei der bald eingeleiteten Grabungskampagne
zu Tage kam.
Einer jener Bauern wurde als
Hauptentdecker mit einer Mao-Bibel und einem Fahrrad belohnt. So
richtig wohlhabend geworden sein soll er dann durch das Privileg,
nach dem Museumsbau die Bücher über seinen Fund gegen eine Gebühr
zu signieren (was nach seinem Tod auf seinen Bruder
überging).
Wir betreten nun die erste und größte der
vier Hallen, die man hier in Form eines Hangars über der
Terrakotta-Armee errichtet hat. Gleich vorn in dieser 230 m
langen "Grube 1", direkt bei dem noch erhaltenen
Brunnenschacht, ist in drei langen Reihen eine Vorhut von rund 200
Bogenschützen postiert. Diesen nur Waffenröcke
tragenden Schützen folgen neun Kolonnen
überwiegend schwer gepanzerter Fußsoldaten mit
dazugehörigen Streitwagen. Die
Kolonnen sind jeweils durch Erdmauern getrennt, die
einst die Deckenbalken trugen. Die Soldaten
dieser - bisher nur zu einem Viertel freigelegten -
gut 6000 Mann starken Hauptarmee hielten wie die
Bogenschützen echte Waffen in Händen, die ihnen
meist von den marodierenden Aufständischen
des Jahres 206 v.Chr. entrissen wurden. - Eine
Soldatenreihe bildet die Nachhut, und zu jeder
Seite der Marschkolonnen sind mit seitlicher
Blickrichtung Soldaten als Flankenschutz
aufgestellt.
Es ist eine Armee von
Grabwächtern. Ihre Aufstellung nach Osten hin hat den Grund, daß
östlich von Xian die vom Ersten Qin-Kaiser besiegten
chinesischen Königreiche lagen, deren
Rache der Kaiser im Jenseits befürchtete und gegen die er sich
auf diese Weise gut gewappnet glaubte.
Beim
Anblick des Brunnenschachts, der einige Meter vor der ersten Reihe
der Vorhut liegt, mag einem der Gedanke kommen, daß es wohl nur den
Plünderern zu verdanken ist, daß die Tonscherben, die bei
ihrem Zerschlagen der Terrakottafiguren oft meterweit
hinweggeschleudert wurden, von den
Brunnenbohrern gefunden wurden und sodann zur Entdeckung
der danebenliegenden Armee führten.
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