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Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
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VI GERMANISTICA

 


 

Englischlektüre bei Herrn Dr. Börgers in der Prima

 

Themen und Stoffe, die seiner katholischen Konfession oder doch der christlichen Ideologie nahe bleiben. So behandelt er mit uns T.S. Eliots im 12. Jahr­hun­dert spielendes Märtyrerdrama Murder in the cathedral’, B. Shaws Tragödie Saint Joan (15. Jh.), N. Hawthornes Passionsgeschichte ‚The Scarlet Letter (im pu­ri­ta­ni­schen Neuengland des 17. Jh.) sowie, im anbrechenden 20. Jahrhundert angesiedelt, einige Erzählungen aus J. Joyces Dubliners und Th. Wilders Büh­nen­stück Our town, in dem die Toten das Leben allmählich zu vergessen und sich auf ihr weiteres Schicksal einzustellen haben. Dr. Börgers, der einer ka­tho­li­schen Verbindung angehört, erlaubt sich auch die Bemerkung, daß es ohne das Auseinanderbrechen der mittelalterlichen katholischen Ordnung nie hätte zu He­xen­pro­zes­sen kommen können.

Ein Mitschüler erzählte mir Jahrzehnte später, dass Herr Börgers, der wie er jenem Bund Neudeutschland’ angehörte, ihn streng zurechtgewiesen und ihm man­geln­de „Demut” vorgeworfen hätte, als er ihm einmal seine Bedenken gegen den katholischen „Index” der verbotenen Bücher vortrug.

Friedrich Börgers, Sohn eines im Bergbau tätigen Sterkrader Schlossers, nahm nach seiner Entlassung (1947) aus dem Kriegsgefangenenlager in Bury St Edwards (Suffolk) ein Studium auf und promovierte 1953 in Bonn mit einer sprachstilistischen Studie über ,Die Erzählform Fritz Reuters’.

 

So bin ich hin und her gerissen zwischen seinem autoritären Stil, der es ihm eine Zeitlang auch gestattet, als Beratungslehrer unsere Schülerzeitung zu ‚re­di­gie­ren’, und seiner Meisterschaft, uns in die andeutungsreiche, indirekte und verhüllende Sprache der Literatur einzuführen. Literarisches Niveau hat für mich zu­dem die Diskretion, mit der er die eigene Person umgibt. Einmal legt er uns eine Fotografie des Nobelpreisträgers <von 1962> John Steinbeck vor und fragt schließ­lich, ob es nicht sein könne, dass auf dem so ernsten Gesicht ein kleines Lächeln liege. Seitdem oder doch schon seit Jahrzehnten finde ich in Steinbecks Phy­sio­gno­mie immer auch die von Herrn Börgers wieder; scheine ich doch seine Frage als verkappte Selbstindizierung aufgefasst zu haben, als Andeuutng ei­nes uns verborgenen Potentials an Wohlwollen und Freundlichkeit. Ähnlich sein understatement, als er etliche Zeit nach der Amputation eines klei­nen(?) Fingers – er trug plötzlich eine schwarze Fingerkappe – bemerkt, niemandem zu wünschen, gewisse physische Schmerzen ohne Betäubung aus­hal­ten zu müssen; oder als er die Schwierigkeiten erwähnt, die den erwarten, der sich einmal ernstlich auf eine Textübersetzung einlasse. Beides be­zie­he ich intuitiv sofort auf ihn.


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