bis
hin zum Skalpieren. Der drei Jahre nach Ende des Bürgerkriegs im
Militärrock Zurückgekommene halte nicht
viel vom Waffenstrecken und habe seinen Säbel noch
nicht gegen einen Pflug eingetauscht, erklärt er dem Pfarrer
(der biblischen Vision in Jesaja 2,4 wie zum Hohn). In
diesem Stil macht er weiter, wenn er den Pfarrer
bei dessen Grabgebet unterbricht und ihn später,
nachdem er dem toten Komantschen die Augen
ausschoß, über den „Glauben” der Indianer belehrt.
Die
barbarische Rachsucht droht die ersehnte Heimkehr zunehmend zu
vereiteln. Die Lösung dieses odysseischen
Zielkonflikts sucht Ford wie schon LeMay selbstverständlich
nicht mehr in einem antiken, sondern in einem
christlichen oder humanistischen Horizont. Der
Verzicht auf Rache gilt so auch für den reflektierten
„europäischen” Regisseur Munro, der
allerdings alles daransetzt, Gordon zu stellen und ihn auch
wirklich zur Aussprache zwingt. Der Filmemacher Wim
Wenders weist denn auch die vier- oder dreigliedrige Klaue
keiner Person ausschließlich zu. Wohl trägt Gordon ein
besonders ostensibles Exemplar auf seinem Hemd,
doch wird dies erst in dem Augenblick enthüllt, als er von seinen
Geldgebern zu erzählen beginnt. Die Klaue steht
demnach primär für eine dem Profit hörige Filmbranche,
die sich – nicht nur von „Kredithaien” wie denen
hinter Gordon – immer wieder zu Konzessionen an den
vermeintlichen Massengeschmack nötigen
läßt. Sekundär greift diese Korruption, wie
bei John Ford das Vergeltungsprinzip, auf alle davon
Betroffenen über, die darum hier wie dort, nach dem
Ausmaß ihrer Beteiligung, das jeweilige Stigma des –
mitverschuldeten – Untergangs
tragen.
Wie
Wenders Fords Film und LeMays Buch aufnimmt und in seine eigene
Thematik umsetzt, läßt sich am besten an dem Nachtstück
erkennen, in dem Munro aus seinem Alptraum gerissen wird
(43:17-44:48). Mit dem skalpähnlich abgenommenen
Zopf seiner Tochter Julia daliegend, ruft der offenbar
von der „Sea-of-stones”-Szene Träumende aus: „Laßt mir meinen
schwarzen Stein, meinen Stein! Gordon, ich seh dich ...” Wie zur
Antwort zersplittert daraufhin eine Fensterscheibe
und wird vom Seesturm ein massiver Gegenstand ins Zimmer
geschleudert: Es ist ein schwarzer dreigliedriger
Strunk, der mehr einer Klaue oder auch schon einem verkohlten
Kadaver gleicht. Im Umschnitt zeigt die Kamera von
draußen, wie Munro durch das Loch in der Fensterscheibe
heraussteigt. Gegenschuß mit Blick auf die tosende See. Wenn er
wieder zurückgeht, ist im Hintergrund an der Wand eine Zeichnung
auszumachen, die ein umrißhaft skizziertes
Objekt (die Hotelanlage?) so darstellt, als
würden zwei Gestalten von Pfeilen durchbohrt. Die Kamera aber
verharrt noch einmal nah auf der Stelle, wo ein Brecher
durch die Mauerlücke hereinschlägt. Im Off hat derweil Munro
die Stelle aus ‚The Searchers’ über einen für
Martin unheildrohenden Wacholderstrauch zu lesen
begonnen. Dieser hätte für ihn jedesmal
„beinah die Form eines Menschen oder eines verschrumpften
Leichnams. Einen Arm ausgestreckt wie bei einer gekrümmten
Geste des Schmerzes oder vielleicht warnend”.
So unerklärlich ihm das „Gefühl von unabwendbarem
Verderben” sei, so sehr sei er doch davon überzeugt,
„daß das ein Zeichen für ihn darstellte”. Munro schlägt das
Buch, auf dessen Seiten seine vier Finger lagen,
zu und zitiert noch aus dem Gedächtnis eine nachfolgende
Stelle: „Eine böse Weissagung erfüllt
sich immer”. Dann legt er den Zopfskalp nieder auf
den Strunk und fällt in ein schluchzendes Lachen.
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