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Abknallen von Büffeln bei J. Ford 1:07:05

43:38 (Bildausschnitt)


bis hin zum Skalpieren. Der drei Jahre nach Ende des Bürgerkriegs im Militärrock Zu­rück­ge­­kom­mene halte nicht viel vom Waf­fen­stre­cken und habe seinen Säbel noch nicht gegen einen Pflug eingetauscht, erklärt er dem Pfar­rer (der biblischen Vi­si­on in Je­saja 2,4 wie zum Hohn). In die­­­sem Stil macht er weiter, wenn er den Pfar­rer bei dessen Grab­gebet un­ter­bricht und ihn später, nach­­­­­dem er dem toten Komantschen die Augen aus­schoß, über den „Glau­ben” der Indianer be­lehrt.  

   Die barbarische Rachsucht droht die ersehnte Heimkehr zunehmend zu vereiteln. Die Lö­sung die­ses odys­se­i­schen Ziel­kon­flikts sucht Ford wie schon LeMay selbstverständlich nicht mehr in einem an­ti­ken, son­dern in ei­nem christlichen oder hu­ma­ni­sti­schen Horizont. Der Ver­zicht auf Rache gilt so auch für den re­flek­tier­ten „eu­ro­pä­i­schen” Regisseur Munro, der al­ler­dings alles daransetzt, Gordon zu stellen und ihn auch wirk­lich zur Aus­spra­che zwingt. Der Filmemacher Wim Wen­ders weist denn auch die vier- oder dreigliedrige Klaue keiner Per­son aus­schließlich zu. Wohl trägt Gordon ein be­son­ders osten­sib­les Exemplar auf seinem Hemd, doch wird dies erst in dem Augenblick enthüllt, als er von seinen Geld­ge­bern zu erzählen be­ginnt. Die Klaue steht dem­nach pri­mär für eine dem Profit hörige Filmbranche, die sich – nicht nur von „Kre­dithaien” wie de­nen hin­ter Gordon – immer wieder zu Konzessionen an den vermeintlichen Mas­sen­ge­schmack nö­ti­gen läßt. Se­kun­där greift diese Kor­rup­tion, wie bei John Ford das Vergeltungsprinzip, auf alle da­von Be­trof­fe­nen über, die darum hier wie dort, nach dem Ausmaß ihrer Beteiligung, das jeweilige Stigma des – mit­ver­schul­de­ten – Un­ter­gangs tra­gen.


Wie Wenders Fords Film und LeMays Buch aufnimmt und in seine eigene Thematik umsetzt, läßt sich am be­sten an dem Nacht­stück erkennen, in dem Munro aus seinem Alptraum geris­sen wird (43:17-44:48). Mit dem skalpähnlich ab­ge­nom­me­nen Zopf seiner Tochter Julia da­liegend, ruft der of­fen­bar von der „Sea-of-stones”-Szene Träumende aus: „Laßt mir meinen schwarzen Stein, meinen Stein! Gordon, ich seh dich ...” Wie zur Antwort zersplittert darauf­hin eine Fen­ster­schei­be und wird vom Seesturm ein massiver Gegenstand ins Zimmer ge­schleudert: Es ist ein schwarzer drei­glie­dri­ger Strunk, der mehr einer Klaue oder auch schon ei­nem ver­kohlten Kadaver gleicht. Im Um­schnitt zeigt die Ka­me­ra von drau­ßen, wie Munro durch das Loch in der Fensterscheibe heraussteigt. Gegenschuß mit Blick auf die tosende See. Wenn er wieder zurückgeht, ist im Hintergrund an der Wand eine Zeichnung auszumachen, die ein um­riß­haft skiz­zier­tes Ob­jekt (die Ho­tel­an­la­ge?) so darstellt, als würden zwei Gestalten von Pfeilen durchbohrt. Die Kamera aber ver­harrt noch ein­mal nah auf der Stelle, wo ein Brecher durch die Mauerlücke hereinschlägt. Im Off hat der­weil Munro die Stel­le aus ‚The Search­ers’ über einen für Martin unheildrohenden Wa­chol­der­strauch zu le­sen be­gon­nen. Die­ser hät­te für ihn je­des­mal „beinah die Form eines Menschen oder ei­nes ver­schrumpf­ten Leichnams. Einen Arm ausgestreckt wie bei ei­ner ge­krümm­ten Geste des Schmer­­zes oder viel­leicht war­nend”. So unerklärlich ihm das „Gefühl von un­ab­wend­ba­rem Ver­der­ben” sei, so sehr sei er doch davon über­zeugt, „daß das ein Zeichen für ihn darstellte”. Munro schlägt das Buch, auf des­sen Sei­ten seine vier Fin­ger la­gen, zu und zitiert noch aus dem Ge­dächtnis eine nach­fol­gen­de Stelle: „Ei­ne bö­se Weis­sa­gung er­füllt sich im­mer”. Dann legt er den Zopf­­skalp nieder auf den Strunk und fällt in ein schluch­zen­des La­chen.

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