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I  Philosophica
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Der Stand der Dinge
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IV Film und Kindheit
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54:24

1:10:39

Doch schon ein relativ geringfügiges Detail wie das Autokennzeichen „SAM SP8” wird nicht unmotiviert oder als bloßer Gag ins Bild gerückt. Gut zu erkennen ist das Kennzeichen erst in dem Moment, als Munro in Los Angeles losfährt, um seine Verfolger, die das geparkte Auto umkreist hatten, abzuschütteln: Er fährt dabei eine große 8förmige Schleife. Das ist also nicht mehr eine vage Anspielung auf Coppola, vielmehr eine stilgerechte Anspielung auf „Sam Spade” selbst (wobei man in Gestalt der 8 noch das Doppel-S der Initialen verschlungen wie­derfinden kann). Ähnlich intrikat macht es Wenders in seinem Film ,Hammett’, der, wie zu sehen sein wird, etliche Anspielungen auf den Sam Spade und dessen Gegenspieler in Hus­tons Verfilmung von Hammetts ,Der Malteser Falke’ enthält.

   Das angesprochene Wohnmobil weist freilich stärker auf Coppola hin, ist jedoch ebenfalls filmgeschichtlich aufgeladen, da Coppola schon für seinen ersten Spielfilm ,The Rain People’ (1969) ein umgerüstetes Campingmobil (mit Schnittplatz) einsetzte; eine der Hauptfiguren, der COP (Robert Duvall), trägt hier den Namen GORDON und haust seinerseits in einem Trai­ler. Und auch jenes kreuzförmige Flugzeugheck wird nicht an beliebiger Stelle zitiert, sondern gegen Ende des Pas­si­ons­weges dieser Survivors, die sich am Meer nun ostentativ da­rum gruppieren. Ja, sie zelebrieren ihre Berührungen dieses Flugzeugrestes wie nur einst in Kubricks ,Odyssee 2001’ die Primatenhorde und dann die Raumfahrer angesichts des schwar­zen Monolithen. Die klassische ,Odyssee’ wiederum scheint auch für die Haupthandlung im ,Stand der Dinge’ selbst aufschlußreich zu werden, indem Wenders hier seinem Helden Munro die Doppelfrage nach der möglichen Heimkehr und nach dem höchst problematischen Ausleben von Rachegefühlen stellt.

   Wie diese kleinen Szenen sich als überformt erweisen, so auch die Filmfiguren, die dadurch ihrer biographischen Ein­deu­tig­keit enthoben werden. Wenn CORBY wegen des fehlenden Filmmaterials und zur Beisetzung seiner Frau nach Ka­li­for­nien zurückwill und nun mit dem Reisegepäck durch einen Lattenzaun wie durch die Schlitzstreifen eines Zoetrops ge­filmt wird, so ist das gar eine mehrfache Überformung (54:15-38). Zunächst dürfte dies tatsächlich ein ironischer Gruß hin zu Coppolas ,Zoetrope’-Studios sein, in denen derweil Wenders’ Dreharbeiten für ,Hammett’ auf Eis liegen. Sodann hält Wen­ders wieder an Sprache und Stil seines Kriminalautorenfilms selbst fest, denn dessen wichtigstes kryptisches Ge­stal­tungs­mittel ist ebendieses vielfältig (auch palmenblattförmig) abgewandelte Streifenmuster. Zugleich darf man diese Ra­ster­szene sicherlich auch als kinematographische Geste des Trostes für den Ka­meramann Joseph Biroc verstehen, der die er­ste verschollene Fassung von ,Hammett’ drehte.

   Eingebunden in die kryptische Zeichensprache von Wenders’ ,Hammett’ wird sogar der be­rüchtigte, scheinbar alles unter Kontrolle haltende Computer, der von dem Drehbuchautor Dennis als „Gordons Gehirn” tituliert wird. Denn die in ihm ge­spei­cherten Standbilder, die Munro in Gordons Villa ausdruckt, kommen ebenfalls in Rasterstreifen zerlegt ans Licht. Ei­nes gehört zur Anfangsszene („Sea of stones”) von ,The Survivors’ und ein anderes zu dessen Vorlage, Allan Dwans Film ,The Most Dangerous Man Alive’ (1961). Zuletzt entwickelt sich aus diesen Rasterstreifen eine Hand (lat. palma). Diese Hand oder auch Klaue wird im Fol­genden als das kryptische Leitsymbol von ,Der Stand der Dinge’ zu identifizieren sein.


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