Noch in der
Prima mutet uns Herr Börgers das Auswendiglernen von Texten zu.
Sie allerdings haben es in sich. Mir unvergeßlich
bleibt hoffentlich der Monolog des verlorenen
Macbeth, aus dem ich noch die Zentralstelle herzitieren
kann: „Out, out brief candle! Life is but
an walking shadow, a poor actor, that struts and <frets>
his role <his hour> upon the stage – and then is seen
<is heard> no more! It is a tale, told by an idiot,
full of sound and fury, signifying nothing.”
Während des
Mündlichen Deutschabiturs gewinnt er offenbar den
Eindruck, daß ich seine Text- und Zitiergläubigkeit
teile. Denn aus der Prüfung, die von „Egon” Hebel besonnen
durchgeführt wird, steht mir am lebhaftesten dieser
Moment vor Augen, als Dr. Börgers sich aus seiner
gebeugten Haltung des Protokollführers mit einem
kleinen Ruck aufrichtet und zur Kenntnis nimmt
oder vielmehr den anderen zur Kenntnis bringt, welch
bemerkenswerte Formulierung ich
soeben aus Thomas Manns ‚Tonio
Kröger’ wörtlich zitiert habe: Es
ist da von den „kalten Ekstasen unseres
artistischen(?) Nervensystems” die
Rede.
Die
Formulierung aus der von uns schon 1963 behandelten Novelle
lautet: „künstlerisch sind bloß die Gereiztheiten
und kalten Ekstasen unseres
verdorbenen, unseres artistischen Nervensystems”.
Am
Rande meiner alten Texthefte finde ich unter anderem folgende
Notizen und in Frageform gekleidete Aufgaben
wieder:
Zu Hemingways ‚Cat in the rain’:
„Why does the author change from american wife to american girl,
when the cat is gone?”
Zu
William Saroyans ‚The first day after christmas’: „What’s the
author’s attitude to his characters and what’s the basis of this
attitude?”
Zu
Joyces ‚Eveline’ notierte ich: „brown colour: the old life/
bright: the new”; „dust: human vanity”; „future:
individualism”. „Before writing, he
<Joyce> has an idea: you can’t escape from your past, unable
to break your connexions ... prevent you from
becoming yourself, an individual”.
Eine
Randnotiz in mein Exemplar von Wilders ‚Our town’ dürfte
einen Hinweis von Herrn Börgers wiedergeben: „The moon might
be meant symbolically: perhaps for eternity”. Ferner ist
da zu lesen: „The living don’t realize the presence of each
other.” Der
von mir hingekritzelte Name „Heraklit”
bezieht sich gewiß auf das resignative Resümee des
Textvorworts: „It’s impoible to
relive the past”.
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