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VI Germanistisches












Herr S. 1966 (*um 1926)
(Photo von Alfred Schraven)

‚Jacques Thibault/ La Fugue’ (Lektüre in der Sekunda)

Quelle: www.max-behrendt.de/jahrgang/lehrerschaft.html


Kurz vor dem Abitur müssen ihn Anwandlungen von Panik be­fal­len haben. Laut Tagebuch vom 25.11.64 zog sich die schriftliche Nach­er­zäh­lung ei­nes Auszugs aus Camus’ ‚Lettre à un ami al­le­mand’ mit den Zusatzaufgaben von 8 Uhr bis 14 Uhr 40 hin! Am 11.12., drei Ta­ge vor Be­ginn der Schrift­li­chen Prüfungen, wur­de der Sport­un­ter­richt zugunsten von Französisch ge­op­fert: Es „sei dies höchst wich­tig für un­ser Abi­tur: eine Über­set­zung (die er offenbar zu­sam­men­stell­te, um uns für unsere Nacherzählung noch mit ei­ni­gen Wen­dun­gen be­kannt zu machen)”. Ich scheine an­ge­nom­men zu ha­ben, daß er schon Einsicht in die Abiturarbeit besaß und uns groß­zü­gi­ger­wei­se noch mit di­ver­sen Vokabeln aushelfen wollte! Das Ge­gen­teil trat dann ein, und so wird denn wohl auch mei­ne schock­ähn­li­che Re­ak­tion ver­ständ­li­cher.


Wie ich nachträglich von X. erfahre, war Herr S. schon während des Assessorexamens so nervös, daß er zur Gaudi der Schüler die Fra­ge stell­te: „How hangs this together?” Und als mir jüngst Y. mit­tei­lte, daß unser Französischlehrer sich später eine Zeitlang in psy­chi­a­tri­sche Be­handlung be­ge­ben hät­te, verwunderte mich dies gar nicht und dach­te ich so­gleich an die Diskrepanz zwischen sei­nem An­spruchs­den­ken und sei­ner Ängst­lich­keit so­wie an einige (Wie­der­ho­lungs-)­Tics, die teilweise schon in unserer „Bier­zei­tung” von 1962 registriert wurden. In ihr ist noch eine fin­gier­te Ki­no­an­zei­ge zu le­sen: „Television, mon amour ... Haben Sie die­sen Film schon ge­se­hen? Ha, dürfen Sie ja gar nicht!!” Dieses auf­trump­fen­de „Ha!” nach harmlos klingender Frage ist mir als rhe­to­ri­sche Ge­ste noch ge­läu­fig und will mir nachgerade nicht nur den psychisch schon An­ge­schla­ge­nen be­zeich­nen, son­dern auch sei­nen Mut, sich mit dem Ver­bo­te­nen und Unbekannten, das er so sehr fürchtete, doch noch zu be­schäf­ti­gen, halb im Scherz und halb wie ein Fal­len­stel­ler. Und habe um so mehr anzuerkennen, daß er als einer der wenigen Leh­rer sich nicht vor ero­ti­schen The­men drück­te, mit uns Flau­berts ‚Ma­dame Bo­va­ry’, Gides ‚La porte étroite’ und Racines ‚Phèdre’.


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