Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI Germanistica


Beitrag in ‚Nordrhein-Westfalens Gesamtschulen. Planung und Verwirklichung’.
Hannover 1971 (S. 128-139)

*


Gut zwei Jahrzehnte nach dem Abitur stattete ich unserem letzten Klassenlehrer „Egon” Hebel ei­nen Besuch ab und über­reich­te ihm dabei mein jüngstes Buch über den ‚Literarischen Vam­pi­ris­mus’ Klingemans, über den Verfasser des er­sten „ni­hi­li­stisch”-athe­i­stischen Buchs der Mo­der­ne! Das sollte wirklich keine provokative Geste sein, setzte aber in der Sa­che oh­ne wei­te­res unsere damaligen Streit­ge­sprä­che fort. Auch glaubte mein Lehrer sich diesmal wieder mit sanf­tem Ta­del ge­gen ei­ne ent­spre­chend despektierliche Be­mer­kung von mir verwahren zu müssen.

    Ich hatte mich nicht angemeldet, klingelte einfach an seiner Haustür und brachte mich in Er­in­ne­rung. Er schien doch stär­ker er­freut als überrascht zu sein und bemerkte beim Ab­schied, daß ein solch unangemeldeter Besuch im Grun­de das be­ste sei. Sei­ne Frau ver­sorg­te uns mit Kaffee und Kuchen und ließ uns dann allein. Er war seit ei­ni­gen Jah­ren pen­si­o­niert und hatte 1969-77 in Oberhausen-Osterfeld die erste Ge­samt­schu­le in NRW geleitet (vgl. die Fest­schrift' der Schule). Mei­nen Aus­füh­run­gen zum damaligen, mich besonders in der Un­ter­stu­fe so be­drü­cken­den Sterk­ra­der Schul­le­ben wi­der­sprach er nicht und äu­ßer­te sich auch nicht zu einzelnen Kol­le­gen. Wie bald deut­lich wur­de, konn­te er sich an be­stimm­te Ereignisse in un­se­rer Klas­se und an meine Mitschüler nur noch vage erinnern, hatte er es doch, wie er dann selbst er­klär­te, seitdem mit hun­der­ten an­de­rer Schüler zu tun gehabt. Aus meiner Klasse ha­be ihn seit dem Abi­tur nur noch Wim Wenders wie­der be­sucht, un­ge­fähr zwei Jah­re vor mir.


Wir sprachen von gleich zu gleich. Und doch durchschwebte unser Gespräch der Geist unseres alten Lehrer-Schü­ler-Ver­hält­nis­ses – als Respekt, den man nicht abschütteln möchte, weil er den eigenen Freiheitssinn und auch den Groß­mut des an­de­ren, ohn­e den er sich nicht hätte entfalten können, in Erinnerung behält.


- 44 -
ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/