Ein-
oder zweimal scheint mir dies dann in einer Nachbarstadt zu
widerfahren. Am leichtesten fällt mir der Schummelversuch
in einer Jungengruppe, vor allem dann, wenn der
vorantretende Älteste gleich für uns alle Karten
anfordert.
Daß
in bestimmten Kinos oft erhebliche Differenzen zwischen dem
„FSK”-Alter und dem der meisten Besucher
toleriert wurde, war besonders an den
naiven oder auch ängstlichen Aufschreien der allerjüngsten
Besucher zu bemerken.
Denke ich an dieses
Kino, habe ich öfter eine Kampfesszene vor Augen, die auf dem
danebenliegenden Marktplatz projiziert
erscheint, so, als wäre er die Leinwand: Ein antiker
Kampfwagen rast heran, über dessen rotierende
Sichelachsen der Held, der sich auf einem schmalen
Saum zwischen zwei Gruben zu befinden
scheint, eben noch hinwegspringen kann. Ich bin mir
nicht sicher, ob diese Szene zu einem der hier gesehenen
Filme gehört oder zu einem Serienheftchen
wie ‚Akim’, das ich an dem Kiosk neben dem Kino
zu kaufen und noch auf der Stelle zu durchblättern
pflege.
Im
Lauf der Zeit hatte sich in mir eine heftige Sehnsucht nach diesem
und auch dem nachfolgenden Kino eingestellt. Denn
Jahrzehnte später, im Alter von 30 bis 40 Jahren,
träumte ich einige Male von beiden Kinos – leider
kaum mehr seit etwa 1985, seitdem ich wiederholt vor Ort
war und betrübt ihren Niedergang registrieren
mußte. In dem einen hatte sich über Jahre hin ein Teppichgeschäft
einquartiert und danach eine Schule für
Selbstverteidigung, die bei meinen
Besuchen immer geschlossen war. In meinen Träumen
war ich mindestens schon 15 Jahre alt und kam zu dem Kino
in der Hoffnung zurück, ehemalige Schulkameraden dort
wiederzusehen, vor allem Elke, die
ich tatsächlich einmal – und zum allerletzten
Mal! – mit 15 oder 16 Jahren davor gesehen
hatte. Das Kino hatte sich in meinen Träumen
immer wieder stark verändern können, besaß so einen
Eingangsbereich mit mehreren Zugängen und
näherte sich auch in der Überdachung und
Leuchtreklame einem Großstadtkino
an.
Und
dann (1995) träume ich doch noch einmal von dem Kino: Ich betrete
das neue, stark verwinkelte Foyer. In dem Gedränge
kommt mir bald eine junge Frau
entgegen,
die mich mit ihrer spitzen Nase und einem Muttermal(?)
auf der linken Wange an Elke erinnert. Oder ist
sie es gar selbst? Ich gehe ungerührt weiter. Danach
fällt mein Blick auf ein grünbeschriftetes
Plakat, das einen Märchenfilm ankündigt,
von dem ich mir sicher bin, ihn hier früher schon
einmal angeschaut zu haben. Ist es nicht ‚Der Wolf
und die sieben Geißlein’? Zuletzt hebe ich den
Kopf und erblicke rechts vor mir den Balkon, der nun
aber zwei mit roten Plüschvorhängen versehene
Fensterflügel hat.
Obgleich
ich diesen Traum auf der Stelle als meine endgültige
Verabschiedung von Elke auffaßte und akzeptierte,
liegt mir das Kino selbst immer noch am Herzen. Wenn
überhaupt, dachte ich schon so manches Mal, würde ich in
diesem Saal ein großes, all die mir verlorengegangenen
Personen und Zeiten neu zusammenführendes
Fest feiern.