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„CHARLY” und Sohn „EBU” (Eberhard) vor oder nach dem Unterricht
Karikatur von Wim in der „Bierzeitung” der UII (1962)


Egon” muß auch andere Fachlehrer von meinen theor­e­ti­schen Anstrengungen in Kenntnis gesetzt ha­ben. Auf ein­mal näm­lich werde ich in allerlei kleine Dispute ver­wi­ckelt, kommt unser Französischlehrer wie­der­holt auf den ‚Bo­va­rys­me’ bei Flaubert zurück, fragt in „Ge­mein­schafts­kun­de” der junge Stu­di­en­as­sessor H. nach meiner Ansicht über die Wil­lens­frei­heit und lau­ert mir gar eine Canaille wie „Franz” alias „Trapper” en pas­­sant mit der Frage nach dem We­sen des Men­schen auf.


Ebenso weist mich unser Mathematiklehrer „Charly” von Zeit zu Zeit auf Gemeinsamkeiten zwischen der ma­­the­­ma­ti­schen und der philosophischen Ar­gu­men­ta­tion hin. Ob­gleich ich merke, daß er mich dadurch in mei­nem schwäch­sten Fach anzustacheln sucht, nehme ich ihm sein Interesse am vergleichenden theo­re­ti­schen Blick ab. Schon in der spä­ten Mit­telstufe, als er uns auch in Phy­sik und Chemie unterrichtet, di­stan­ziert er sich mit ei­ner Selbstironie, die ich von Leh­rern so über­haupt nicht kenne, vom eigenen fachlichen Trei­ben, speziell von seinen oft stockenden oder sprung­haf­ten ma­the­ma­ti­schen Demonstrationen und ge­le­gent­lich miß­lin­gen­den naturwissenschaftlichen Ex­pe­ri­men­ten. Da­für rühmt er die Überlegenheit des Theo­re­ti­kers gegenüber der stu­di­en­rät­li­chen Praxis und führt ein­mal de­mü­tig aus, wie der „kleine Gauß” die Rechenaufgabe seines Schul­mei­sters, alle Zahlen von 1 bis 100 zu ad­die­ren, so ge­ni­al ge­meistert hät­te.

   Mit seinen auch ironischen Hinweisen bringt es „Charl­y” irgendwie fertig, daß ich mich in den Monaten vor dem Abi­tur zum erstenmal ausdauernd mit der Ma­te­rie befasse, bald einigen Spaß an der Mathematik fin­­de und mich im Schrift­li­chen Abi­tur sogar zurückhalten muß, um nicht Gefahr zu laufen, etwa „gut” zu schrei­­ben und deswegen in die Münd­li­che Prü­fung zu müs­sen. Als ich ihn nach Verlesen der schriftlichen Prü­­fungs­­auf­ga­­ben frage, ob er mir zu­sa­gen kön­ne, mich im Falle einer „befriedigenden” Arbeit später un­be­hel­ligt zu las­sen, lacht er laut auf und ver­spricht es mir fest. So et­was wäre ihm noch nicht vorgekommen! Noch Minuten spä­ter, als wir schon schreiben, se­he ich ihn beim Auf- und Ab­ge­hen lächelnd den Kopf schüt­teln.


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