Die
danebenstehende Karikatur von Wim, die mich in Weitsprunghaltung
zeigt, unterstreicht durch meine damalige Igelfrisur,
die vorgestreckten Spikes und Fingernägel jene bei mir
monierte Aggressivität. So findet sich auch in der Rubrik
„Anzeigen” eine von ‚Hotti F.’ aufgegebene: „Kennen
Sie schon mein neues Buch? ‚Richtige Kritik am rechten
Platz’”. Außerdem ist bei den „Sprichwörtern”
zu lesen: „Hotti: Trainieren geht über studieren!!” Dieses von
mir selbst stammende Sprüchlein, eine
Steigerungsform von „Studieren geht über
Probieren!”, war weniger ein Bekenntnis zum
Leistungssport, als vielmehr eine Absage an den
bei uns herrschenden Paukunterricht. Er war es denn auch, der mitsamt
seinen Vertretern wie „Trapper” zum Hauptziel
meiner Invektiven wurde, aus denen einige
meiner Mitschüler, die in der Mittelstufe noch
stärker angepaßt waren, kaum mehr als ein „Meckern”
herausgehört haben dürften.
Obgleich
ich bei den renommierten Leichtathleten von „Rot-Weiß-Oberhausen”
und auch an unserem Gymnasium bald zu den besten Weit- und
Dreispringern sowie Leichtathleten überhaupt gehöre,
nehme ich im Fünfkampf und Weitsprung keinmal an den
Vergleichskämpfen der Landesgymnasien teil (den
„Bannerwettkämpfen”). Dies zum Unverständnis und Unmut von
Sportlehrern und konservativen Schülervertretern wie
Werner S., der zugleich im Weitsprung mit knapp sieben Metern
den Schulrekord hält. Liegt es nur daran, daß ich die
dazugehörigen turnerischen Übungen nicht leiden kann, oder sollte
es da noch andere Animositäten gegeben haben? Ich weiß es nicht
mehr.
Nach meiner
ersten Nichtteilnahme bekam ich im Fache „Sport” statt der
vorangegangenen Note „sehr gut” nur
„befriedigend” – ein Denkzettel, wie mir schon damals
schien und worauf ich mit einer erneuten Absage geantwortet haben
dürfte.
Mein
Kritik- und Opponierverhalten, das in der Mittelstufe kaum über
spontane Unmutsbekundungen und ironische
Randbemerkungen hinauskam, gewinnt in den
nächsten Jahren eine argumentative Form und Richtung, die sich vor
allem meiner Begeisterung für die Philosophie
verdankt. Endlich finde ich hier, zuerst in Schopenhauer und
Nietzsche, eine radikale, unerschrockene
und überlegene Konkurrenz zu der christlichen Religion, die bis
dahin das Monopol auf die Deutung von Welt und Mensch zu
besitzen schien. Und kann mich nun allmählich auch, nicht zuletzt im
Philosophieunterricht der Unter-
und Oberprima, von der verfluchten, dem dumpfen stofflichen
Wissen hörigen Schülerexistenz absetzen.
Zugleich lerne ich das zögerliche und sich selber
überraschende schriftliche Denken schätzen, eine
umständliche Art der Formulierung, die
mich freilich zunehmend in Konflikt mit der flüssigen
schriftlichen Ausdrucksform bringt, die uns in
den Klassenarbeiten abgefordert
wird.
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