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Tagebuchnotizen des Neunjährigen (darunter zum Schulrektor, zur Religionslehrerin und
zu den Torerfolgen meiner Mitspieler bei Grün-Weiß-Holten)


Manchmal zeigt uns  der Rektor auch im Unterricht einen Film.
Vgl. zu diesen Filmen S. 7-10 der Homepage-Rubrik 'Filme der Kindheit' .


Und schließlich erinnere ich mich noch an fröhliche Stunde bei ihm ein: Es scheint noch zu schnei­en, als wir aus dem Un­ter­richt hinaus in den Schnee dür­fen und seitlich hinter der Schu­­le einen oder mehrere Schneemän­ner bauen.


 

***



An meinen Schulschreibheften gefallen mir die Etiketten mit ihren zart gezo­genen bläulichen Li­ni­en und abgerundeten Kan­ten. Ich mag die Hefte gern benutzen und stelle auch mit ziem­li­cher Befriedigung fest, daß unser Rektor nur selten ein­mal einen Diktatfehler darin ver­mer­ken kann.


Gegen Ende des 4. Schuljahres will mein Vater, daß ich von nun an ein Tagebuch schreibe. Ich bin aber auf der Hut und erwähne nur diejenigen meiner Übelta­ten, die harmlos sind oder schon entdeckt und bestraft wur­den.

Dieses Tagebuch, eine Kladde mit bläulich-schwarz marmoriertem Papp­deckel, ist das älteste von mir erhaltene schriftliche Dokument. Ich führte es von Herbst 1954 bis Anfang 1955. Ich weiß nicht mehr, ob ich von Beginn an eine Falle witterte oder das Ganze zunächst nur als eine Be­stra­fung ansah, so wie Vater uns später Strafgedichte und Strafaufsätze aufgab. Es sieht so aus, als hätte ich dies da­mals selber herauszubekommen versucht, findet sich doch schon am zwei­ten Tag der leicht provokante, wie in einen Potentialis gekleidete Eintrag: „Schlechtes Wetter Mit­tags, so daß ich keine Streiche spielen konnte.” In den nächsten Tagen werde ich zunehmend küh­ner (30.10.: „abends ... Klimper­mänchen gemacht”; 31.10.: „als der Kerl da an der <Fuß­ball­ver­eins‑>Kasse mal weg ging, bin ich an ihm vorbeigerannt, denn ich hatt kein Geld mit”). Dann aber gebe ich mich über Wochen hin kreuzbrav und verschleiere gar am 9.11.54 einen er­folg­rei­chen Schummelversuch („Abends fuhr ich um­sonst nach H.”, d.h. ich drückte mich am kas­sie­ren­den Schaffner vorbei). Erst im Januar '55 rücke ich wieder mit kleine­ren Ver­gehen her­aus („Kis­sen­schlacht”; „mit Taschenlampe heimlich rausgegangen”). Das sieht denn doch nach dem tak­ti­schen Ver­hal­ten dessen aus, der sich auf einen Mitleser eingestellt hat. Auch glaubt man bald der lust­los und uninspiriert wirkenden Ausführung das Abgepreßte anzumer­ken.

 

In meinem Tagebuch ist noch zu lesen: Am 4.11.54 „bekamen wir das Heftchen: ‚Till Eu­len­spie­gel’ zum lesen!”

Ich entsinne mich, wie wir über Till sprechen, der alle Befehle und Aufträge so wörtlich-wild aus­führt.

 
Am 13.12.54 hatten wir laut Tagebuch „schulfrei”. Am 16.12. ließ uns der Rektor zu sei­nem Ge­burts­tag schon um 11 Uhr nach Hause gehen. Am 15.2.55 bekamen wir we­gen Schneefalls keine Schul­ar­bei­ten auf, und am nächsten Tag endete der Unterricht wegen des Karnevals wiederum um 11 Uhr. Wiederholt durften wir ohne Angabe von Gründen schon um 10 Uhr nach Hause ge­hen, dies in den Monaten vor der Zulassungs­prüfung fürs Gymnasium!


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