Mitschüler in Alt-Walsum
An
die Namen und Gesichter meiner Mitschüler kann ich mich nicht mehr
spontan erinnern, bei vorgelegten Photos allerdings bin ich mir
in der Regel sogleich sicher! Aus meinem
bewußten Erinnerungsvermögen könnte ich noch nicht
einmal sicher entscheiden, ob meine Spielkameraden
„Mimi”, „Fränzi” und (Franz-)„Jupp” in meine
Klasse gingen!
Doch,
alle drei sind auf den beiden Erstklaßphotos, die Herr Köberling
mir zeigte. Sie wurden im Minutenabstand
gemacht, sind aber beide leider unscharf. So ist nicht
recht zu erkennen ist, ob ich derjenige bin, der sich –
jetzt ohne „Klämmerchen” im Haar! – nahe beim
Mittelpunkt der Szene aufgestellt hat. Falls
ja, wie mein Lehrer meinte und auch mir inzwischen
scheinen will, hätte ich mich ausnahmsweise
einmal nicht auf einem der hinteren Plätze aufgestellt.
Eine Ausnahme, die freilich ebenso erklärlich
wäre wie mein seltenes direktes Lächeln in
die Kamera: Seitlich vor mir steht meine
Spielfreundin „Fränzi”, die eine Schiefertafel
mit der Kreideaufschrift „1. Schuljahr 1951/52”
vor sich hält. Obgleich sie bei dem grellen Gegenlicht
die Stirn gerunzelt hat, ist ihr Gesicht das einzige,
das mir auf Anhieb wieder vertraut ist. Zu ihrem
Äußeren wußte ich bislang nur zu schreiben:
„Sie hat dunkles (dunkelblondes?) sich
kräuselndes Haar. Trägt sie nicht Zöpfe?” Ja.
Fränzi wohnt
in einem kleinen weißgestrichenen Haus, das an den Bauernhof
unseres Klassenkameraden „Jupp” angrenzt. Ihre
Mutter, eine Kriegerwitwe, ist Lehrerin an unserer Schule, aber
nicht in meiner Klasse.
Zusammen
mit Fränzi sitze ich während eines Versteckspiels
geduckt in einem engen Schacht an der hinteren
Seite ihres Hauses. Lange bleibe ich so neben ihr,
selig-beklommen, Kopf an Kopf und Hand in Hand.
Vermutlich spielten wir
gerade bei „Räuber-und- Gendarm” mit.
Franziska
studierte in Ann Arbor/Michigan und arbeitete dann wie
ihr Mann im Bibliothekswesen. Ihre Mutter Irmgard erhielt 1973, gleich nach ihrer
Promotion, an der Oklahoma State University eine
Assistenzprofessur für Deutsche Sprache und Literatur. Zuvor, Ende
der 1960er Jahre, hatte sie das Max-Kade-Zentrum in Ann Arbor
geleitet, das seit dem 2. Weltkrieg die
deutsch-amerikanische Beziehungen insbesondere auf wissenschaftlichem
Gebiet fördert.
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