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RUTH FLEIGS GALERIE
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HORST FLEIGS TEXTE:
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IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI Germanistisches


Lektüre in der Prima



Er­zäh­ler­stand­punkt, Hand­lungs­entwicklung oder Fi­gu­ren­psy­cho­logie. Und hinterläßt mir die Empfindung, daß wir trotz ein­dring­­li­­cher In­ter­pre­ta­ti­on die Sache längst noch nicht er­­schöpft haben. Eine Offenheit und ein me­tho­di­scher Zart­­sinn, die so gar nicht zu seiner persönlichen Aus­stra­hl­ung pas­sen und noch weniger zu seiner dog­ma­ti­schen, ja propagandistischen Begünstigung solcher The­­men und Stoffe, die seiner ka­tho­li­schen Kon­fes­si­on oder doch der christlichen Ideologie nahe bleiben. So be­­han­delt er mit uns T.S. Eliots im 12. Jahrhundert spiel­­­en­­­des Mär­ty­rer­dra­ma ‚Mur­der in the cathedral’, B. Shaws Tragödie ‚Saint Joan’ (15. Jh.), N. Hawthornes Pas­­si­ons­ge­schich­te ‚The Scarlet Letter’ (im pu­ri­ta­ni­schen Neu­eng­land des 17. Jh.) sowie, im an­bre­chen­den 20. Jahrhundert an­ge­sie­delt, ei­ni­ge Erzählungen aus J. Joyces ‚Dubliners’ und Th. Wilders Büh­nen­stück ‚Our town’, in dem die Toten das Leben all­mäh­lich zu ver­ges­sen und sich auf ihr weiteres Schicksal ein­zu­stel­len ha­ben. Dr. B., der einer ka­tho­li­schen Ver­bin­dung <dem ‚Neu­­en Deutsch­land’> angehört, erlaubt sich auch die Be­mer­kung, daß es ohne das Auseinanderbrechen der mit­tel­alter­li­chen ka­tho­li­schen Ord­nung nie hätte zu He­xen­pro­zessen kommen können.

 

So bin ich hin und her gerissen zwischen seinem au­to­ri­tä­ren Stil, der es ihm eine Zeitlang auch ge­stat­tet, als Be­ra­tungslehrer un­se­re Schülerzeitung zu ‚redigieren’, und seiner Meisterschaft, uns in die andeutungsreiche, in­di­rekte und verhüllende Spra­che der Li­te­ra­tur ein­zu­füh­ren. Literarisches Ni­veau hat für mich zudem die Dis­kre­tion, mit der er die eigene Person um­gibt. Ein­mal legt er uns ei­ne Photographie des Nobelpreisträgers <von 1962> John Stein­beck vor und fragt schließlich, ob es nicht sein kön­ne, daß auf dem so ern­sten Gesicht ein kleines Lächeln liege. Seitdem oder doch schon seit Jahr­zehn­ten fin­de ich in Stein­becks Phy­si­o­gno­mie im­mer auch die von Dr. B. wieder; scheine ich doch sei­ne Fra­ge als verkappte Selbst­in­di­zie­rung auf­ge­faßt zu ha­ben, als Andeutung eines uns verborgenen Potentials an Wohlwollen und Freundlichkeit. Ähn­lich sein un­der­sta­­te­­ment, als er et­li­che Zeit nach der Am­pu­ta­ti­on sei­nes kleinen(?) Fingers – er trug plötzlich eine schwar­ze Fin­ger­kap­pe – bemerkt, niemandem zu wün­schen, ge­wis­se phy­si­sche Schmerzen ohne Betäubung aus­hal­ten zu müs­sen; oder als er die Schwie­rigkeiten erwähnt, die den erwarten, der sich ein­mal ernst­lich auf die Über­­set­zung eines Textes ein­las­se. Bei­des be­zie­he ich in­tui­tiv sofort auf ihn.


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