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Aus einem fingierten Interview mit „CHARLY” in der „Bierzeitung” der UII (1962)


In der „Bierzeitung” zu unserer „Mittleren Reife” (1962) fin­det sich ein fiktives Interview mit „Physik-Char­ly”, der ei­ne sei­ner „be­lieb­ten Tal­sper­ren­auf­ga­ben” vorführt und sich bei einer „Va­ter­und­Sohn­auf­ga­be” prompt verheddert – „Tja, da müs­sen wir mal den <Udo> B. fra­gen!” Mit die­ser uns amü­sie­ren­den, wie hilfesuchenden Erklärung wan­dte er sich tat­säch­lich manch­mal an un­se­ren Ma­the-Pri­mus. Jahr­zehn­te später erinnerte mich Hans-Jürgen dar­an, wie uns „Char­ly” kurz vor der Mittleren Reife auf ei­nem lan­gen ge­ra­den Park­­weg die Schall­geschwindigkeit er­mit­teln ließ: Der­weil ein Schü­ler in die Hän­de klatsch­te und der ne­ben ihm Ste­hen­de ein Ta­schen­tuch schwenk­te, stan­den an­de­re Schü­ler ei­ni­ge hun­dert Meter weit ent­fernt und ma­ßen mit der Stopp­uhr die Diff­e­renz zwis­chen dem Ta­schen­tuch­sig­nal und dem ein­tref­fen­den Klatsch­ge­räusch.

   Seine in dem Interview vermerkte Manier, Fragen aller Art erst einmal mit einem lakonischen „Ja!” ins Lee­re lau­fen zu las­sen oder in der Schwebe zu halten, ist mir als sol­che nicht mehr deutlich, erinnert mich aber wieder daran, wie er nach Zwie­ge­sprä­chen oft se­kun­den­lang auf ir­gend­etw­as zu warten schien, als woll­te er uns noch zum Nach­set­zen er­mu­ti­gen oder als hät­te er sel­ber noch et­was auf dem Herzen, das aus­zu­spre­chen er dann doch lieber un­ter­ließ.

    Die Melancholie, die ihn umgab, schien nicht allein von den genannten Grenzen seines Berufs her­zu­rüh­ren, son­dern mehr noch von dem Rollenkonflikt zwischen seiner Po­si­ti­on als „Ver­wal­tungs­ober­stu­dien­rat” und der des von un­se­ren Schü­ler­ver­tre­tern wie­der­holt gewählten „Ver­trau­ens­leh­rers”. Persönlich auf ei­ne noble Weise freund­lich, mit­füh­lend und auf­mun­ternd, war er so zugleich in ho­hem Maße mit­ver­ant­wort­lich für die beispiellose Sit­zen­blei­ber­quo­te und Eli­mi­nie­rung un­bot­mäßiger Schüler, für eine At­mo­sphä­re, in der auch sein aufmüpfiger Sohn Eber­hard, der ei­ne Zeitlang mein Bank­nach­bar war, es nach der Mitt­le­ren Reife nicht lan­ge mehr auf unserem Gym­na­si­um aus­hielt.

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