In den ersten
Gymnasialjahren führe ich eine elende Existenz, verstehe anfangs
gewisse Arbeitshinweise nicht, besitze nicht
alle Schulbücher, bemerke bald größere
Wissenslücken, die ich aber irgendwann nicht
mehr zu schließen versuche und erledige nicht
einmal das tägliche Arbeitspensum. Besonders
während meiner Pfadfinderzeit 1956-58 mache
ich kaum mehr Hausarbeiten, besorge mir in
der Regel schon vor Schulbeginn das Arbeitsheft
eines Klassenkameraden, nehme es mit auf den Lokus
und kritzele daraus die Ergebnisse ab,
oft nur in einer verkürzten Version, da die Zeit
allzu knapp ist. In der großen Pause muß ich dies häufig
für die letzten Fächer des Vormittags
weiterführen und habe auch in den kleinen Pausen im
Klassenraum oft noch einiges fertigzustellen.
Nicht selten schaffe ich es gerade eben zu Beginn der
folgenden Stunde, wenn der die Hefte
kontrollierende Lehrer sich schon meiner
Bankreihe nähert. Bei den gutmütigeren der
Studienräten schreibe ich noch während
des Unterrichts unter der Bank die Hausarbeiten
für die nachfolgenden Stunden ab. So manches an
diesem „Abpinnen” ist beschämend, doch
beinahe stärker noch ist der doppelte Reiz
der Hochspannung und des gewissen
cliquenhaften Selbstgefühls, in dem das
Ganze durchgestanden wird – gibt es doch noch manch anderen,
der gleichzeitig mit mir so arbeitet, sei es im
Klassenraum oder in einer der Nebenkabinen
auf dem Lokus.
Meine
Klassenarbeiten fallen bald niederschmetternd aus, insbesondere
in Latein und Mathematik erwarte ich von
Arbeit zu Arbeit, von Halbjahreszeugnis zu
Halbjahreszeugnis beklommen meine Note. Wenn mir mitunter
mit einer knappen Bemerkung oder indignierten
Geste eine „mangelhafte” Arbeit zurückgegeben
wird, ist mir denn doch jedes Mal ziemlich unangenehm.
Und auch im mündlichen Unterricht muß ich mich
wieder einmal dabei ertappen lassen, nicht Bescheid zu
wissen, kann mit den auswendig zu kennenden
mathematischen Formeln wenig anfangen
und habe Mühe, die lateinischen Satzkonstruktionen
zu entwirren, da ich noch nicht einmal das
Vokabular genügend beherrsche.