Quelle für beide Photos: ‘Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums’ (Oberhausen 2005, S. 54)
MATHEMATIK
Während
ich in der Grundschule in „Rechnen” immer die Note
„gut” erhielt, bin ich in Mathematik binnen kurzem
auf „mangelhaft” abgestürzt. Als hierfür
Mitverantwortliche fallen mir
nach einigem Entsinnen zwei ineinanderfließende
Lehrergestalten ein, von denen die eine von
den Schülern „Stipp”, die andere „Wupp” genannt wird.
Zusammen ergeben sie ein dürres altes Männchen
mit hellblondem Resthaar, zierlicher Brille und
Hörapparat. Hinter seinem Rücken machen
wir Schüler dreiste Späße, doch wehrt sich dieses
Männlein noch: Schlägt es nicht mit einem Stock oder Lineal
auf die hinzuhaltende Hand? Und zieht es dem
Sünder auch kräftig am Ohr oder verteilt es lieber
Kopfnüsse?
Ein
ehemaliger Klassenkamerad konnte Mitte der 90er Jahre die eine
Person als „Stipp” identifizieren; sie habe ein
Hörgerät getragen und „etwas Liebliches” an
sich gehabt.
Nachdem mir nun
„Stipp” deutlicher wurde, hat sich mir zugleich sein
Mitbruder „Wupp” klarer von ihm abgetrennt. Er kommt
mir bedeutend energischer vor, doch vom Jackett bis in die
Gesichtsfarbe als eine Gestalt grau in grau.
Er
unterrichtete auch Biologie und soll sich bis 1945 wie unser
anderer Biologielehrer Dr. K. oft in SA-Uniform gezeigt
haben.
ERDKUNDE
Hierin scheint uns also eine Zeitlang auch unser Deutschlehrer L.
unterrichtet zu haben. Sodann, leider ebenfalls
nur für kurze Zeit, kommt aus Bogotá der
liebenswürdige Dr.(?) L., genannt „Leo”, zu uns.
Er hat einen leichten Akzent, ist um die 50 Jahre
alt und für einen Lehrer ungewöhnlich gut gekleidet und
frisiert. Er behandelt uns höflich, ja
respektvoll und geht manchmal in einen
kameradschaftlichen Ton über, so wenn er
den Sammlern unter uns fremdländische
Briefmarken mitbringt. Gern erzählt er uns vom
spanischen Stierkampf und verteidigt ihn mit
stolzer Heftigkeit. Als er einmal den Klassenraum
betritt, befinde ich mich gerade unter dem
Lehrerpult, und bleibe auch, kühner geworden,
darunter, bis er mit seinen Beinen an mich stößt. Er tadelt
mich dafür, scheint mir aber nicht ernstlich böse zu
sein.
Ich
weiß nicht mehr, ob ich unter dem Pult etwas suchte oder vor einem
Wurfgeschoß in Deckung gegangen war. Wie auch immer, es
entwickelte sich dann so etwas wie eine körpernahe
gefährliche Begegnung in einer Arena.
Bei
der Schilderung unseres Sportunterrichts fällt mir wieder ein, daß
„Leo” eine Zeitlang auch unser Schwimmlehrer war. Statt
uns Anfänger im Nichtschwimmerbecken nichtsnutzige Übungen
machen zu lassen, erlaubt er uns dort Wasserballspiele.
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