Quelle: ‘Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums’ (Oberhausen 2005, S. 48)
Meine
Eltern erklären mir wiederholt, daß sie für meine
Gymnasialbildung „ein Opfer bringen”, für das ich mich
nicht dankbar genug erweise. Tatsächlich müssen sie
in den ersten Jahren noch „Schulgeld” für mich bezahlen. Ich
überweise es bald am Postschalter und liefere von Zeit zu Zeit
die Quittung im Sekretariat der Schule ab. Als ungefähr in der
Quarta die Schulgeldpflicht in Nordrhein-Westfalen
aufgehoben wird, fühle ich mich ziemlich erleichtert.
Während
ich als Grundschüler nur die Schreib- und Rechenhefte zu kaufen
hatte, muß ich mir als Gymnasiast zu Schulbeginn jedesmal
gleich für mehrere Fächer die Titel der bald benötigten
Bücher aufschreiben. Für die fremdsprachigen
Fächer wird neben dem Lesebuch manchmal auch eine Grammatik
fällig. Meine Eltern nehmen es still zur Kenntnis, ich freilich
glaube wiederholt ihren Unmut zu spüren. Und
verzichte so im Laufe der Zeit auf etliche Hilfsmittel wie
Atlanten, Wörterbücher und grammatische
Übungshefte.
Und
das ging so oder so ähnlich weiter; noch Tage vor dem Schriftlichen
Abitur kaufte ich mir laut Tagebuch von einer unerwarteten
Geldüberweisung meines freiwillig zur Bundeswehr
gegangenen Bruders „ein englisches und französisches Wörterbuch,
Zirkel und anderes für Mathematik”.
Dieser
Verzicht auf Schulbücher fällt mir aber schon deshalb nicht schwer,
weil mich die meisten kalt lassen und mir insbesondere
bei Grammatiken und naturkundlichen Büchern
ist, als sollte ich mit einer fremden und mir herzlich
gleichgültigen Materie
zusammengebracht und ihr unterworfen werden.
Deutsch- oder Erdkundebücher durchblättere ich schon lieber, doch
mit einer oberflächlichen Neugier und kaum jemals in der
Vorfreude auf eine Sache, mit der ich mich
gründlich vertraut machen möchte.
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