Ich habe nun
doch noch einiges zur Kunst des Abschreibens bei
Klassenarbeiten zu anzumerken. Das einfache
„Abpinnen” von Hausarbeiten vor und
während des Unterrichts führe ich noch längere Zeit so
weiter, wie schon für die Unterstufe beschrieben.
Sein Ende findet es, mit Ausnahme des Faches Mathematik, erst
mit den nichtschematischen Antworten und
Problemlösungen in der Oberstufe. In der Mittelstufe
kommen nun die massiven Betrugsmanöver
bei den schriftlichen Arbeiten hinzu, an die ich bis ungefähr
zur Quarta kaum zu denken wagte und zu denen sich auch
schwerlich ein besserer Mitschüler zur Verfügung gestellt
hätte. Erst jetzt sind wir so abgebrüht und zudem
so gut miteinander bekannt, daß wir es riskieren können. Schon
zu Beginn eines neuen Schuljahres suche ich mir
meinen Banknachbarn immer auch danach aus, wie kompetent und
kooperationswillig er sein dürfte.
Bei anderen Mitschülern geht in der ersten Zeit
noch so manches schief, wiederholt wird jemand beim
Abschreiben, beim Benutzen eines
„Pfuschzettels” oder einer Übersetzungshilfe („Pons”)
ertappt oder im nachhinein, beim Austeilen der
Arbeit, des frechen Betruges bezichtigt und
zusätzlich zur fälligen Note „ungenügend”
mit einem Eintrag ins Klassenbuch oder einer
Benachrichtigung der Eltern bestraft.
Am schlimmsten aber ist, daß auch derjenige, der
uns abschreiben ließ, bestraft werden kann. Das wäre
schwerlich wieder gutzumachen.
Mich
hat man beim Abschreiben nie erwischt. Wenn mir eine fremdsprachige
Vokabel verdächtig, inkorrekt oder nur apart vorkommt,
lasse ich die Übernahme lieber sein. Gelegentlich
mache ich sogar bewußt einen Fehler, um nicht eine Folge
identischer Ausdrücke mit meinem Banknachbarn oder
Vordermann aufzuweisen. In Mathematik rechne ich nach
Möglichkeit die Zwischenlösungen nach,
damit nicht etwa ein flüchtiger Rechenfehler uns beiden zum
Verhängnis wird. Das eine oder andere Mal kann ich gar
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